Alles Erb­se oder was?

Pro­te­in­pul­ver ist nur etwas für Leis­tungs­sport­ler oder Män­ner, die ihre Mus­keln auf­bau­en wol­len? Fehl­an­zei­ge! Pro­te­in­pul­ver hel­fen Mann und Frau nicht nur dabei, den Meta­bo­lis­mus zu pushen, son­dern auch beim Abneh­men. Vega­ne Pro­te­in­pul­ver sind der­zeit auf dem Vor­marsch. Wer­det mit vega­nem Erb­sen­pro­te­in zur Prin­zes­sin bzw. zum Prin­zen auf der Erb­se.

Mitt­ler­wei­le gibt es eini­ge vega­ne Alter­na­ti­ven zum her­kömm­li­chen Pro­te­in­pul­ver aus Mol­ke. Meist basie­ren die­se auf Soja, Reis oder Hanf. Dem Erb­sen­pro­te­in haben sich bis­her die wenigs­ten Her­stel­ler ange­nom­men. Dabei lie­gen die Vor­tei­le klar auf der Hand.

Die Mischung macht’s

Erb­sen­pro­te­in setzt sich aus einer Mischung von essen­ti­el­len und nicht essen­ti­el­len Ami­no­säu­ren (EAAs) zusam­men. Essen­ti­el­le Ami­no­säu­ren benö­tigt unser Kör­per, kann sie jedoch nicht selbst pro­du­zie­ren. Das bedeu­tet, wir müs­sen die­se mit der Nah­rung auf­neh­men. Ami­no­säu­ren sind die Bau­stei­ne der Pro­te­ine in unse­rem Kör­per und sie bestehen immer aus dem­sel­ben Grund­ge­rüst mit varia­blen Sei­ten­ket­ten. Die Pro­te­ine wie­der­um sind Bestand­teil unse­res Kör­per­ge­we­bes und so auch der Mus­ku­la­tur. In Erb­sen­pro­te­in sind alle acht EAAs ent­hal­ten; beson­ders hoch ist der Anteil an den Ami­no­säu­ren L‑Arginin, L‑Lysin, Leu­cin, Iso­le­ucin und Valin. Mit fast sie­ben Gramm L‑Arginin pro 100 Gramm Erb­sen­pro­te­in ent­hält die­ses vier­mal so viel davon wie her­kömm­li­ches Mol­ke­pul­ver. L‑Arginin wird in Ver­bin­dung mit einer gesun­den Potenz und einer ver­bes­ser­ten Durch­blu­tung in Ver­bin­dung gebracht.

L‑Lysin ist unver­zicht­bar

L‑Lysin ist eine essen­ti­el­le Ami­no­säu­re und nimmt in unse­rem Kör­per vie­ler­lei Funk­tio­nen ein. Sie ist Cofak­tor für die Resorp­ti­on, also die Auf­nah­me von Kal­zi­um, und dem­nach bei der Gesund­heit der Kno­chen betei­ligt. Auch bei der Bil­dung von Kol­la­gen spielt L‑Lysin eine wesent­li­che Rol­le. Kol­la­gen ist wich­ti­ger Bestand­teil unse­res Bin­de­ge­we­bes und somit unter ande­rem der Kno­chen, Knor­pel, Seh­nen, der Haut. Zudem ist L‑Lysin für ein gut funk­tio­nie­ren­des Immun­sys­tem unver­zicht­bar. Die Anti­kör­per, wel­che uns vor Infek­tio­nen schüt­zen, bestehen aus Pro­te­inen. Ein Lys­in­man­gel hät­te für den Kör­per dem­nach schwer­wie­gen­de Fol­gen. Von einem Lys­in­man­gel-Risi­ko betrof­fen sind vor allem Vege­ta­ri­er und Vega­ner, Sport­ler, wel­che regel­mä­ßig inten­siv trai­nie­ren, und Men­schen mit Osteo­po­ro­se. Für all die­se eig­net sich Erb­sen­pro­te­in zur Sup­ple­men­tie­rung. Bis­her bestehen kei­ne offi­zi­el­len Richt­wer­te für den Bedarf der ein­zel­nen Ami­no­säu­ren. Ange­nom­men wird ein durch­schnitt­li­cher täg­li­cher Bedarf an L‑Lysin von 800 bis 3.000 mg bei einer 70 kg schwe­ren Per­son. 
Eine Por­ti­on eines hoch­wer­ti­gen Erb­sen­pro­te­ins (20 g bei über 80 Pro­zent Pro­te­in­ge­halt) ver­sorgt den Kör­per dem­entspre­chend bereits mit etwa 500 mg Lys­in. L‑Lysin und L‑Arginin stei­gern letzt­end­lich die Leis­tungs­fä­hig­keit und die Aus­dau­er, was spe­zi­ell für Sport­ler von Bedeu­tung ist.

Fett­ver­bren­nung und Dia­be­tes

L‑Lysin ist der Vor­läu­fer von Car­ni­tin, wel­ches wie­der­um an der Fett- und Fett­säu­re­ver­bren­nung betei­ligt ist. Inter­es­san­ter­wei­se konn­ten For­scher in einer Stu­die, die 2011 im Nut­ri­ti­on Jour­nal ver­öf­fent­licht wur­de, zei­gen, dass ein Erb­sen­pro­te­ins­ha­ke, 30 Minu­ten vor einer Mahl­zeit getrun­ken, so sät­ti­gen kann, dass weni­ger von der Haupt­mahl­zeit ver­zehrt wird. Nah­men die Pro­ban­den hin­ge­gen Mol­ke- oder Eipro­te­in zu sich, zeig­te sich die­ser Effekt nicht und sie ver­zehr­ten nor­ma­le Por­tio­nen. Aus­dau­er­sport­ler sind grund­sätz­lich auf eine zusätz­li­che Mobi­li­sie­rung von Fett­säu­ren ange­wie­sen, um dar­aus Ener­gie zu gewin­nen. Hier­zu trägt Car­ni­tin wesent­lich bei.

Car­ni­tin kann sich dar­über hin­aus auch posi­tiv auf den Cho­le­ste­rin- und Blut­fett­spie­gel aus­wir­ken. Dia­be­ti­ker schei­nen regel­mä­ßig nied­ri­ge Car­nit­in­spie­gel auf­zu­wei­sen. Ita­lie­ni­sche Wis­sen­schaft­ler stell­ten fest, dass eine Nah­rungs­er­gän­zung mit Car­ni­tin nicht nur den Cholesterin‑, son­dern auch den Tri­gly­ce­rid­spie­gel signi­fi­kant sen­ken kann. Wenn wir koh­len­hy­dratrei­che Lebens­mit­tel zu uns neh­men, dann steigt unser Blut­zu­cker­spie­gel an, was die Bauch­spei­chel­drü­se dazu sti­mu­liert, grö­ße­re Men­gen des Hor­mons Insu­lin aus­zu­schüt­ten.

Insu­lin wie­der­um sorgt dafür, dass die Koh­len­hy­dra­te (in Form von Glu­ko­se, also Zucker) in unse­re Zel­len gelan­gen und dort ent­we­der ver­brannt oder in Form von Gly­ko­gen und/oder Fett gespei­chert wer­den. Stark pro­zes­sier­te, d. h. ver­ar­bei­te­te Nah­rungs­mit­tel wie Weiß­brot, Süßig­kei­ten etc. erhö­hen den Blut­zu­cker­spie­gel lang­fris­tig. Zudem wer­den Fet­te ver­mehrt gespei­chert. Auf lan­ge Sicht kann sogar eine Insu­lin­re­sis­tenz, die Vor­stu­fe von Dia­be­tes Typ 2, ent­ste­hen. Dem­entspre­chend soll­test du vor allem voll­wer­ti­ge Lebens­mit­tel zu dir neh­men und dei­ne Ernäh­rung mit hoch­wer­ti­gen Pro­te­inen ergän­zen, damit eine über­mä­ßi­ge Fett­ein­la­ge­rung ver­mie­den wird und der Blut­zu­cker- sowie Insu­lin­spie­gel opti­mal regu­liert wer­den kön­nen.

Mus­kel­auf­bau und Rege­ne­ra­ti­on

Erb­sen­pro­te­in ver­fügt aber auch noch über eine hohe Men­ge an BCAAs, den soge­nann­ten Bran­ched Chain Ami­no Acids. Die­se sind beson­ders wich­tig für den Mus­kel­auf­bau. Sie sind somit wich­tig sowohl für Sport­ler, die inten­si­ves Kraft­trai­ning aus­üben, als auch für älte­re Men­schen, um einem ernäh­rungs­be­ding­ten Mus­kel­ab­bau vor­zu­beu­gen. Inten­si­ves Kraft­trai­ning ver­ur­sacht, wie jede Akti­vi­tät, Abnut­zungs­er­schei­nun­gen des Mus­kel­ge­we­bes. Aus den zu uns genom­me­nen Pro­te­inen gewinnt unser Kör­per Ami­no­säu­ren, wel­che für die Rege­ne­ra­ti­on und die Repa­ra­tur stra­pa­zier­ter bzw. ver­letz­ter Mus­keln not­wen­dig sind. Erb­sen­pro­te­in lie­fert hohe Men­gen an Leu­cin, Iso­le­ucin und Valin – bei­na­he genau­so viel wie Mol­ke­pro­te­in. 

Eisen­man­gel

Eisen wird für vie­le phy­sio­lo­gi­sche Pro­zes­se benö­tigt, die sich inner­halb unse­res Kör­pers abspie­len. Der Sauer­stoff­trans­port in unse­rem Blut stellt nur einen davon dar. Vor allem Vega­ner, aber auch vie­le Vege­ta­ri­er und ins­be­son­de­re Frau­en lei­den unter Eisen­man­gel. Grund­sätz­lich stellt Fleisch immer noch die ein­fachs­te Mög­lich­keit dar, sich mit dem wich­ti­gen Nähr­stoff zu ver­sor­gen. Mehr und mehr gesund­heits­be­wuss­te Men­schen set­zen jedoch auf eine pflanz­li­che Diät. Hier­bei gilt es jedoch, die Auf­nah­me eisen­hal­ti­ger Nah­rungs­mit­tel im Blick zu behal­ten, um Müdig­keit, Antriebs­lo­sig­keit, Haar­aus­fall und ande­ren Sym­pto­me des aku­ten Eisen­man­gels vor­zu­beu­gen. Schon eine Por­ti­on (20–25 g) Erb­sen­pro­te­in pro Tag deckt in etwa 30 Pro­zent des Eisen­be­darfs einer Frau, der cir­ca bei 15 mg Eisen liegt. Män­ner benö­ti­gen hier nur etwa 10 mg. In Erb­sen­pro­te­in ist, wie bei Eisen aus Pflan­zen­quel­len üblich, das soge­nann­te nicht­hä­mi­sche, drei­wer­ti­ge Eisen ent­hal­ten. Des­sen Resorp­ti­on kann durch eine gleich­zei­ti­ge Auf­nah­me von Vit­amin-C-hal­ti­gen Nah­rungs­mit­teln, wie bei­spiels­wei­se Oran­gen­saft, erhöht wer­den.

Puri­ne?

Puri­ne sind Bestand­tei­le vie­ler Hül­sen­früch­te und somit auch in Erb­sen­pro­te­in vor­han­den. Puri­ne sind natür­li­cher Bestand­teil der DNA und wer­den im Kör­per zu Harn­säu­re abge­baut. Ein erhöh­ter Harn­säu­re-Spie­gel im Blut kann zu einer Viel­zahl von Erkran­kun­gen füh­ren. Am wei­tes­ten ver­brei­tet sind hier­bei Gicht und Nie­ren­stei­ne. Des­halb stellt sich oft die Fra­ge, wie hoch der Purin­ge­halt ver­schie­de­ner Nah­rungs­mit­tel ist. In Stu­di­en konn­te beob­ach­tet wer­den, dass Puri­ne pflanz­li­chen Ursprungs nicht den­sel­ben belas­ten­den Effekt auf den mensch­li­chen Kör­per haben wie purin­rei­che tie­ri­sche Nah­rungs­mit­tel, wie bei­spiels­wei­se Hering, Sar­di­nen oder Inne­rei­en. Es war ein deut­lich höhe­res Gich­t­ri­si­ko beim Ver­zehr von Mee­res­früch­ten und Fleisch zu beob­ach­ten. Beim Ver­zehr pflanz­li­cher Pur­inquel­len jedoch nicht – auch wenn der Purin­ge­halt bei bei­den iden­tisch war.

Ent­zün­dungs­hem­mend und für All­er­gi­ker

Bereits 2012 wur­de eine Stu­die zur anti­oxi­da­ti­ven und ent­zün­dungs­hem­men­den Wir­kung von Erb­sen­pro­te­in ver­öf­fent­licht. Dabei zeig­te das Erb­sen­pro­te­in eine signi­fi­kan­te hem­men­de Wir­kung auf das beim Zell­stoff­wech­sel ent­ste­hen­de Stick­oxid, wel­ches in gro­ßer Men­ge zyto­to­xisch, also zell­schä­di­gend, wir­ken kann. Dar­über hin­aus zeig­te das unter­such­te Erb­sen­pro­te­in eine signi­fi­kan­te Hem­mung ent­zün­dungs­ver­mit­teln­der Trans­mit­ter. Hier­bei han­delt es sich um Boten­stof­fe, wel­che Ent­zün­dungs­re­ak­tio­nen im mensch­li­chen Kör­per her­vor­ru­fen. Erb­sen­pro­te­in scheint dem­nach eine geeig­ne­te Rol­le im Kampf gegen chro­ni­sche Erkran­kun­gen zu spie­len, wel­che ja häu­fig auf latent bestehen­de Ent­zün­dungs­re­ak­tio­nen im Kör­per zurück­zu­füh­ren sind. 

Es gibt sehr vie­le Men­schen, die unter Nah­rungs­mit­te­l­un­ver­träg­lich­kei­ten bis hin zu All­er­gien lei­den. Auch hier bie­tet Erb­sen­pro­te­in eine geeig­ne­te Alter­na­ti­ve zu Soja‑, Weizen‑, Ei- und Milch­pro­duk­ten. Erb­sen­pro­te­in ist näm­lich natur­ge­mäß voll­kom­men soja‑, gluten‑, ei‑, lak­to­se- und milch­ei­weiß­frei.

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