Becken­bo­den: Mus­ku­la­tur mit Trag­wei­te

Was die Becken­bo­den­mus­ku­la­tur leis­tet und kann ist spek­ta­ku­lär. Wie alle tief­lie­gen­den Mus­keln bewegt sie pri­mär nichts und ist daher auch nicht so leicht trai­nier­bar wie die ober­fläch­li­chen Mus­keln. War­um das Trai­ning der Becken­bo­den­mus­ku­la­tur trotz gerin­gem Kalo­rien­ver­brauch nicht nur in Rehasport und Rück­bil­dung gehört, soll­ten Sie hier nach­le­sen.

Beckenboden: Muskulatur mit Tragweite # Abbildung: Alliance Images / shutterstock.com

Der Becken­bo­den­mus­ku­la­tur geht es fast so, wie all den­je­ni­gen Mus­keln, die wir nicht sehen und nur sehr schwer ansteu­ern kön­nen. Nur noch schlech­ter.

Zusätz­lich dazu, dass nie­mand in ein Fit­ness­stu­dio kommt und sagt: „Ich hät­te ger­ne so ne rich­tig tol­le Becken­bo­den­mus­ku­la­tur“, hat sie auch einen schlech­ten Ruf. Die Becken­bo­den­mus­ku­la­tur ist für die meis­ten Men­schen die Mus­ku­la­tur, die uns hilft, unse­re „Geschäf­te“ zu ver­rich­ten und Kin­der zu gebä­ren. So gese­hen natür­lich rich­tig fan­tas­ti­sche Din­ge. Lei­der gilt aber nie­mand als tol­ler Hecht, weil er eine gut funk­tio­nie­ren­de Becken­bo­den­mus­ku­la­tur hat. Ein schön defi­nier­ter Bizeps hin­ge­gen kann schon zu die­sem Image ver­hel­fen. Aber den sieht man auch. Der Becken­bo­den bleibt für uns unsicht­bar. Damit zählt er zu den „uncoo­len“ Mus­keln. Hin­zu kommt, dass das Becken­bo­den­trai­ning wenig Kalo­rien ver­braucht.

Aber jetzt mal ernst: Die Becken­bo­den­mus­ku­la­tur ist selbst­ver­ständ­lich für vie­les zustän­dig. Sie sta­bi­li­siert bei­spiels­wei­se unse­re Wir­bel­säu­le erheb­lich. Akti­vie­ren wir die Becken­bo­den­mus­ku­la­tur, wer­den auch gleich­zei­tig die M. mul­ti­fi­dii des Rückens sowie der M. trans­ver­sus abdo­mi­nis, der tief­lie­gends­te Mus­kel der Bauch­mus­ku­la­tur, akti­viert. Das ist für unse­re Kör­per­hal­tung enorm wich­tig.

Wich­ti­ge Stüt­ze

Regel­mäs­si­ges Becken­bo­den­trai­ning kann Rücken­schmer­zen vor­beu­gen und lin­dern. Der Becken­bo­den ver­leiht unse­rem Rumpf mehr Kraft, weil er eng mit der Wir­bel­säu­le ver­bun­den ist. Fehl­hal­tun­gen wie ein Hohl­kreuz kom­men häu­fig durch eine zu schwa­che Becken­bo­den­mus­ku­la­tur zustan­de.

Der Becken­bo­den besteht aus drei Mus­kel­schich­ten. Die unters­te Schicht ist als Schließ­mus­ku­la­tur, die uns bekann­tes­te. Die mitt­le­re Schicht ver­bin­det die Sitz­be­in­hö­cker und hält das Becken zusam­men. Die­se Mus­kel­schicht ist bei Frau­en nur halb so stark aus­ge­bil­det wie bei Män­nern. Es ist die Schicht, die wäh­rend der Schwan­ger­schaft das Gewicht des Babys trägt und sich zur Geburt schließ­lich auf­dehnt. Die inners­te Schicht liegt wie eine Scha­le im Becken­ring, stützt die Unter­leibs­or­ga­ne und steht mit der Rumpf­mus­ku­la­tur in Ver­bin­dung.

Fach­wis­sen fehlt

Trai­ne­rin Eli­sa Dam­beck kennt die Pro­ble­ma­tik der tief­lie­gen­den Mus­ku­la­tur, die häu­fig stief­müt­ter­lich behan­delt wird. Und ihr ist etwas auf­ge­fal­len: Egal ob im Sport­stu­di­um oder in ihren Aus­bil­dun­gen zu den ver­schie­dens­ten Trai­ner­li­zen­zen – das Trai­ning des Becken­bo­dens spiel­te kaum eine Rol­le. „Erst als ich mich inten­siv mit Pila­tes beschäf­tigt habe, bekam die Becken­bo­den­mus­ku­la­tur eine zen­tra­le Rol­le – wenn nicht sogar die zen­tra­le Rol­le“, sagt Dam­beck. Gene­rell sind die Tie­fen­mus­keln und ihr Trai­ning in den Berei­chen Pila­tes, Yoga, Reha-Sport und Rücken­trai­ning wich­tig. In Sport-Ana­to­mie-Büchern hin­ge­gen wird die­se Mus­ku­la­tur kaum beach­tet. „Kein Wun­der also, dass das Fach­wis­sen bis­her noch nicht so ver­brei­tet ist, wie es eigent­lich sein soll­te, und sich auf eini­ge weni­ge Krei­se beschränkt“, so die Exper­tin.

Sie schmun­zelt, wenn sie sagt: „Den Sport­lern ist die wort­wört­lich zuneh­men­de Trag­wei­te die­ser Mus­keln oft nicht bewusst.“ Unse­re Rumpf­mus­ku­la­tur lässt sich in tief und ober­fläch­lich gele­ge­ne Mus­keln unter­schei­den, also in Sta­bi­li­sa­to­ren und Mobi­li­sa­to­ren, die wie ihre Namen bereits ver­ra­ten auch unter­schied­li­che Funk­tio­nen erfül­len. Gene­rell gilt, dass je dich­ter ein Mus­kel am Kör­per­zen­trum bezie­hungs­wei­se an der Wir­bel­säu­le liegt, des­to mehr hat er sta­bi­li­sie­ren­de und stüt­zen­de Auf­ga­ben. Und je ober­fläch­li­cher ein Mus­kel liegt, des­to wich­ti­ger ist er für Bewe­gun­gen. Tie­fen­mus­keln sind also für die Sta­bi­li­sa­ti­on des Kör­per­zen­trums ver­ant­wort­lich. „Frü­her war man sogar der Über­zeu­gung, dass die Tie­fen­mus­keln nicht bewusst ange­steu­ert wer­den kön­nen. Das weiß man heu­te zum Glück bes­ser. Den­noch kön­nen die Sta­bi­li­sa­to­ren nicht so ein­fach trai­niert wer­den wie die ober­fläch­lich gele­ge­nen Mus­keln, die Bewe­gun­gen aus­füh­ren wie beim Bizeps-Curl oder Seit­he­ben. Tie­fen­mus­keln bewe­gen näm­lich pri­mär nichts und somit sind auch beim Trai­ning kei­ne Bewe­gun­gen ersicht­lich. Man muss also wis­sen, um wel­che Mus­keln es sich han­delt, wo sie lie­gen und ihre Ansteue­rung bewusst trai­nie­ren“, sagt Dam­beck.

Ab auf das Wackel­bord

Als Per­so­nal Trai­ne­rin hat sie die Auf­ga­be, die Trai­nings­wün­sche ihrer Kun­den zu erfül­len. Und da, wie oben schon beschrie­ben, kaum einer den Wusch äußert, die Becken­bo­den­mus­ku­la­tur zu stär­ken, behilft sich Dam­beck zuwei­len mit Tricks. Sie kennt Übun­gen, die die­se Mus­ku­la­tur stär­ken, ohne gleich als Becken­bo­den­trai­ning beti­telt zu wer­den. „Ich arbei­te ger­ne mit Wackel­pads. Dabei wird die Becken­bo­den­mus­ku­la­tur auto­ma­tisch mit­trai­niert.“ Wer etwas für sei­ne Becken­bo­den­mus­ku­la­tur tun möch­te, und damit auch gleich­zei­tig für sei­ne Kör­per­hal­tung und die Sta­bi­li­tät des gesam­ten Rump­fes, kann die­se vier Übungs­tipps von Eli­sa Dam­beck ger­ne ein­mal aus­pro­bie­ren.

Quel­le: shape UP online
Abbil­dung: Alli­an­ce Images / shutterstock.com