Body Posi­ti­vi­ty

Schlank zu sein oder zu wer­den, ist ein Ziel, das die meis­ten tief ver­in­ner­licht haben. Nicht sel­ten ste­cken gesell­schaft­li­che Zwän­ge hin­ter die­ser Form der Selb­st­op­ti­mie­rung. Wäre es nicht bes­ser, sich von ihnen zu befrei­en? Die „Body Positivity“-Bewegung for­dert genau das. Doch war­um ist das so?

Body Positivity / Abbildung: popcorner / shutterstock.com

Hin­ter­fra­gen von Schön­heits­idea­len

„Der Blick auf den Wan­del unse­rer Schön­heits­idea­le im Lau­fe der Geschich­te zeigt, dass sich die­se den jewei­li­gen gesell­schaft­li­chen Gege­ben­hei­ten anpas­sen“. Das Zitat stammt aus dem Trend­re­port des Ham­bur­ger Medi­zin­technik­un­ter­neh­mens seca, der unter­sucht, was gesell­schaft­li­che und gesund­heit­li­che Ent­wick­lun­gen für die Fit­ness­sze­ne bedeu­ten. Eines der Top­the­men ist dabei die Neu­be­wer­tung bestimm­ter kör­per­li­cher Erschei­nungs­for­men. Ins­be­son­de­re soll­te dar­über nach­ge­dacht wer­den, ob es sinn­voll ist, das weit ver­brei­te­te Phä­no­men Über­ge­wicht per se als uner­wünscht und nega­tiv zu betrach­ten. Somit ist auch Schlank­sein als ein­sei­tig pro­pa­gier­tes Schön­heits­ide­al zu hin­ter­fra­gen, zumal offen­sicht­lich vie­le Men­schen mit ein paar Pfund mehr auf der Waa­ge kein Pro­blem haben. Hier setzt auch die Bewe­gung „Body Posi­ti­vi­ty“ an. Sie ver­sucht, Men­schen davon zu über­zeu­gen, dass ihr Kör­per okay ist, auch wenn er nicht dem von der Gesell­schaft dik­tier­ten Nor­men ent­spricht. Denn das Kör­per­bild, das die Mode­welt ver­mit­telt, stimmt oft nicht mit der Selbst­wahr­neh­mung über­ein – die meis­ten Men­schen sehen eben nicht so aus wie ein Model. Die Bewe­gung for­dert, jeden Kör­per zu akzep­tie­ren, unab­hän­gig von sei­nem Aus­se­hen. Damit stellt sie die vor­herr­schen­de Vor­stel­lung in Fra­ge, dass nur schön und gesund ist, wer schlank ist. Die Men­ge der Befür­wor­ter der „Body Positivity“-Bewegung wächst im Übri­gen kon­ti­nu­ier­lich. Allein der Insta­gram-Hash­tag #body­po­si­ti­vi­ty wur­de bereits fast 3,9 Mil­lio­nen Mal ver­wen­det.

Body Posi­ti­vi­ty und Gesund­heit

Trotz oder gera­de wegen allen Wis­sens über sei­ne Nega­tiv­fol­gen muss das The­ma „Über­ge­wicht“ dif­fe­ren­ziert betrach­tet wer­den, so der Trend­re­port. Zu vie­le Kilos wür­den in unse­rer Gesell­schaft oft mit Attri­bu­ten wie „unge­sund“ und „krank“ belegt. Umge­kehrt wäh­nen sich Schlan­ke und Nor­mal­ge­wich­ti­ge in der schein­ba­ren Sicher­heit, gesund zu sein. Jedoch weist auch jeder fünf­te Schlan­ke ein erhöh­tes Risi­ko auf, an kar­dio­vasku­lä­ren Krank­hei­ten wie Dia­be­tes oder Schlag­an­fall zu lei­den. „Je mehr Über­ge­wich­ti­ge es gibt, des­to genau­er müs­sen wir hin­se­hen“, sagt die pro­mo­vier­te Oeco­tro­pho­lo­gin Hei­ke Nie­mei­er aus Ham­burg. Man müs­se auf­pas­sen, nicht alle Über­ge­wich­ti­gen in den Topf der „kran­ken, dicken Risi­ko­pa­ti­en­ten“ zu wer­fen. „Damit vor­ver­ur­tei­len wir die Über­ge­wich­ti­gen und las­sen gleich­zei­tig mög­li­cher­wei­se risi­ko­be­haf­te­te Schlan­ke durchs Ras­ter fal­len. Es wird immer wich­ti­ger, dass wir den Ernäh­rungs­zu­stand von Men­schen ganz­heit­li­cher betrach­ten. Es reicht nicht aus, sie auf eine Waa­ge zu stel­len, den BMI zu bestim­men und dann in die Kate­go­rien ‚schlank = gesund’ und ‚über­ge­wich­tig = krank’ ein­zu­ord­nen. Das Wis­sen um gesun­de Dicke, kran­ke Schlan­ke und die „Body Positivity“-Bewegung zei­gen uns ganz deut­lich: Es kommt nicht auf die Men­ge der Zel­len an, son­dern auf deren Gesund­heit“.

Body Posi­ti­vi­ty und Fit­ness

Ins­be­son­de­re im Seg­ment der gesund­heit­lich fokus­sier­ten Fit­ness soll­ten weni­ger die Optik und das Gewicht eine Rol­le spie­len. „Für den Gesund­heits- und Ernäh­rungs­zu­stand ist viel­mehr ent­schei­dend, wie viel wert­vol­le, akti­ve Mus­kel­mas­se im Ver­hält­nis zur Fett­mas­se vor­han­den ist. Auf die­ser Basis lässt sich eine viel genaue­re Aus­sa­ge über das Erkran­kungs­ri­si­ko tref­fen“, so Nie­mei­er. Fit­ness­an­bie­ter, die ent­spre­chend agie­ren, rücken also Gesund­heit statt Aus­se­hen in den Vor­der­grund. So kön­nen sie auf Basis qua­li­ta­ti­ver Gesund­heits­da­ten das Trai­ning wesent­lich indi­vi­du­el­ler und dadurch effi­zi­en­ter gestal­ten und die Moti­va­ti­on und Prä­ven­ti­ons­be­mü­hun­gen ihrer Mit­glie­der för­dern. Vie­le Fit­ness­stu­di­os mit einer gesund­heit­li­chen Posi­tio­nie­rung wüss­ten um die Mehr­di­men­sio­na­li­tät der Gewichts­the­ma­tik und gin­gen ers­te Schrit­te: Mit Kur­sen, die gesund­heits­be­wuss­tes Ver­hal­ten för­dern, Ver­mes­sungs­ak­tio­nen, die weni­ger den BMI im Blick haben, son­dern eine gesun­de Kör­per­zu­sam­men­set­zung und mit indi­vi­du­el­len, ganz­heit­li­chen Trai­nings­kon­zep­ten, die nicht auf den schnel­len Abneh­mer­folg fokus­sie­ren, son­dern einen gesun­den Kör­per zum Ziel haben. Nie­mei­er: „Bei fort­schritt­li­chen Fit­ness­stu­di­os lösen schon heu­te Para­me­ter wie Fett­ver­tei­lung, Mus­kel­stär­ke, Beweg­lich­keit und Fit­ness­le­vel den BMI ab. Ihnen kommt eine zen­tra­le Rol­le bei der not­wen­di­gen Umset­zung des Prä­ven­ti­ons­ge­dan­kens zu.“

Quel­le: shape UP fit­ness 2/2020
Abbil­dung: pop­cor­ner / shutterstock.com