Die ver­steck­te Man­power

​„Die ver­steck­te Kraft im Mann“, die­ser Buch­ti­tel beschreibt den männ­li­chen Becken­bo­den sehr tref­fend. Er ist ein Kraft­zen­trum, vier­mal kräf­ti­ger als der weib­li­che Becken­bo­den. Män­ner befas­sen sich oft erst spät mit dem Becken­bo­den, meis­tens nach einer Prostata‑, Bla­sen- oder Darm­ope­ra­ti­on sowie bei einer bestehen­den erek­ti­len Dys­funk­ti­on.

Prä­ven­tiv gese­hen könn­te der Mann viel mehr aus die­ser Mus­ku­la­tur her­aus­ho­len: Kraft­leis­tung in Beruf, Haus und im Sport, Zen­trie­rung, Sta­bi­li­sa­ti­on sowie Potenz. Der gesun­de Becken­bo­den (BB) des Man­nes arbei­tet reflek­to­risch, er ist also in fast allen Akti­vi­tä­ten bzw. Bewe­gun­gen mit­ein­be­zo­gen. Neh­men wir zum Bei­spiel das Hus­ten oder Nie­sen. Der BB spannt sich dabei in auf­rech­ter Kör­per­hal­tung reflek­to­risch an und ver­hin­dert somit, dass ein mas­si­ver Druck auf ihn trifft. Das glei­che geschieht beim Heben, Tra­gen, Hüp­fen, Sprin­gen, Jog­gen usw. Tat­säch­lich spielt der Becken­bo­den bei allen Sport­ar­ten eine nicht zu unter­schät­zen­de Rol­le in Bezug auf die Kör­per­hal­tung, Balan­ce und Kraft.

Dass Män­ner ihren Becken­bo­den in ent­spre­chen­den Kur­sen bewusst trai­nie­ren, das ist mei­ner­seits mehr ein Wunsch­den­ken als Rea­li­tät. War­um sich um etwas küm­mern, das doch so gut funk­tio­niert? In jun­gen Jah­ren ist es häu­fig ein hoher Tonus im Becken­bo­den, der zu einer Min­der­durch­blu­tung des Becken­rau­mes und zu Ent­lee­rungs­stö­run­gen der Bla­se und des Dar­mes führt. Die Ent­ste­hung von Hämor­rhoi­den wird dadurch pro­vo­ziert.

Das männ­li­che Gewe­be ver­liert mit zuneh­men­dem Alter an Elas­ti­zi­tät. Das betrifft eben­so die Blut­ge­fä­ße, die den Penis und das Schwell­kör­per­ge­we­be ver­sor­gen. Dies kann zu weni­ger häu­fi­gen und kür­ze­ren Erek­tio­nen füh­ren. Auch bei jün­ge­ren Män­nern, die viel sit­zen, Über­ge­wicht oder einen hohen Stress­fak­tor haben, oder sich wenig bewe­gen, ist die Blut­ver­sor­gung des Beckens oft ver­min­dert und es kön­nen Erek­ti­ons­stö­run­gen auf­tre­ten.

Ein gutes Becken­bo­den­kon­zept soll­te all die Aspek­te beinhal­ten, mit denen das Ziel – ein funk­ti­ons­tüch­ti­ger Becken­bo­den – erreicht wer­den kann.
Das heißt, der Becken­bo­den
* ist wach und aktiv;
* besitzt genü­gend Kraft, Elas­ti­zi­tät und hat einen ent­spre­chen­de Grund­to­nus, um den Belas­tun­gen im All­tag, Sport und Beruf gerecht zu wer­den;
* kann gut los­las­sen;
* befin­det sich in einem Gleich­ge­wicht zwi­schen Anspan­nung und Ent­span­nung.

Zu einem ganz­heit­li­chen Becken­bo­den­trai­ning gehö­ren neben der eigent­li­chen Mus­kel­kräf­ti­gung selbst­ver­ständ­lich auch aus­führ­li­che Infor­ma­tio­nen zur Ana­to­mie und Phy­sio­lo­gie des Becken­bo­dens und über alle mit ihm in Ver­bin­dung ste­hen­den Kör­per­re­gio­nen. Zudem sind vie­le nütz­li­che Tipps und Anre­gun­gen, wie der Becken­bo­den im All­tag und Sport geschützt und rich­tig ein­ge­setzt wer­den kann, von gro­ßer Wich­tig­keit für ein erfolg­rei­ches Trai­ning. Dabei spielt die Kör­per­hal­tung eine wich­ti­ge Rol­le. Wenn die Wir­bel­säu­le auf­ge­rich­tet ist, kann der Becken­bo­den sei­ne Funk­tio­nen opti­mal erfül­len. Wei­ter kann auch die Atmung unge­hin­dert flie­ßen, weil sich das Zwerch­fell auf- und abwärts bewe­gen kann.

Dass das Becken­bo­den­trai­ning von einer kom­pe­ten­ten und erfah­re­nen Per­son zu die­sem sen­si­blen The­ma gelei­tet wird, ist selbst­ver­ständ­lich.

Die Mus­keln im Becken­bo­den benö­ti­gen eine hohe Aus­dau­er­leis­tungs­fä­hig­keit, ver­gleich­bar einem Mara­thon­läu­fer. Aber auch Schnel­lig­keit, also reak­ti­ve Fähig­kei­ten wie beim Sprin­ter, sind not­wen­dig. Das Trai­ning muss daher auf bei­des abzie­len. Es soll­te auch in ver­schie­de­nen Inten­si­tä­ten trai­niert wer­den, nicht nur maxi­mal.

Das Becken­bo­den­trai­ning nach dem BeBo-Kon­zept beinhal­tet nicht nur ein Anspan­nen, son­dern auch – von beson­de­rer Bedeu­tung für MS-Erkrank­te – ein Ent­span­nen.
Wir sehen auch einen kla­ren Vor­teil in der Ver­bin­dung mit der Phy­sio- und Ergo­the­ra­pie. Die dazu­ge­hö­ri­ge Wis­sens­ver­mitt­lung, die wir an unse­re Patienten/Klienten wei­ter­ge­ben, schafft Ver­trau­en und Zuver­sicht bei den Üben­den.

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