Druck­aus­gleich – Resi­li­enz trai­nie­ren

Für vie­le dient Sport der Gesund­heit, als Aus­gleich zum All­tag oder als klei­ne Rück­zugs­in­sel vom Stress. Es gibt aber auch jene, die ihr Geld damit ver­die­nen, für die es exis­ten­zi­ell ist, leis­tungs­fä­hig und fit zu sein. Leis­tungs- und oft auch Brei­ten­sport­ler wer­fen ihren Kör­per immer neu­en und höhe­ren Gren­zen ent­ge­gen. Neben dem Druck von außen set­zen sie sich auch selbst durch den eige­nen Anspruch mäch­tig unter psy­chi­schen Druck. Bei die­ser Druck­spi­ra­le gibt es meist nur einen Weg, und zwar den nach unten. Es sei denn, man steu­ert die­ser Fremd­be­stim­mung selbst­be­stimmt ent­ge­gen.

Wer har­te Arbeit mit den Hän­den ver­rich­tet, bekommt ent­we­der Bla­sen oder Horn­haut. Ganz ähn­lich ist es mit der See­le bestellt. Digi­ta­li­sie­rung, stän­di­ge Erreich­bar­keit, Druck in der Arbeit oder im Sport, Krank­hei­ten oder ande­re per­sön­li­che Kri­sen for­dern alles von uns ab. Die psy­chi­sche und phy­si­sche Wider­stands­kraft kann dabei glei­cher­ma­ßen Scha­den neh­men. Aber es gibt Wege aus die­ser Nega­tiv­spi­ra­le in Form von sie­ben Schlüs­seln.

Nega­ti­ve Sze­na­ri­en

Es gibt ver­schie­de­ne Sze­na­ri­en im Leben eines Men­schen oder eines Sport­lers, die zu belas­ten­den Situa­tio­nen wer­den und in denen nega­ti­ve Gefüh­le über­wie­gen kön­nen:

  1. Der eige­ne, per­fek­tio­nis­ti­sche Anspruch ist zu hoch und kaum erreich­bar.
  2. Der Druck von außen durch Arbeit­ge­ber, Trai­ner, Medi­en oder Spon­so­ren ist zu hoch.
  3. Belas­ten­de Situa­tio­nen im nähe­ren Umfeld, wie Krank­hei­ten oder Todes­fäl­le im Fami­li­en- und Freun­des­kreis.
  4. Das Schick­sal schlägt bei einem per­sön­lich durch Krank­heit oder Unfall mas­siv zu.

Der ers­te Punkt trifft eigent­lich auf fast alle erfolg­rei­chen Men­schen zu, denn außer­or­dent­li­che Leis­tun­gen erfor­dern die ent­spre­chen­den Mühen und Arbeit. Denn nur wenn man gewillt ist, nicht nur an sei­ne Gren­zen zu gehen, son­dern auch dar­über hin­aus, dann trennt sich die sprich­wört­li­che Spreu vom Wei­zen. Aber auch bei den extrem erfolg­rei­chen Sport­lern gibt es gro­ße Unter­schie­de, wie stark und über wel­chen Zeit­raum sie die­sem selbst­auf­er­leg­ten und von außen ein­ge­brach­ten Druck ent­ge­gen­wir­ken kön­nen. Schwie­rig wird es auch bei Punkt zwei, wenn die Druck­re­gu­lie­rung von außen nicht mehr in den eige­nen Hän­den liegt und man oft nur reagie­ren und nicht mehr selbst kor­ri­gie­rend agie­ren kann. Schlim­mer und unvor­be­rei­te­ter trifft es einen bei den Punk­ten drei und vier, wenn man selbst oder eine nahe­ste­hen­de Per­son mit schwe­ren Krank­hei­ten oder den Fol­gen von Unfäl­len zu kämp­fen hat.

Auch ich gehö­re zu den Men­schen, die sich selbst und die eige­nen Gren­zen immer wie­der aufs Neue auf die Pro­be stel­len müs­sen. Sport­lich lie­be ich inten­si­ve Her­aus­for­de­run­gen, auch mit wenig Schlaf kom­me ich dabei zurecht. Als mein Sohn aller­dings im Alter von ein­ein­halb Jah­ren in der Fol­ge einer schwe­ren Krank­heit erblin­de­te, hat es nicht nur sein, son­dern auch mein Leben und das sei­ner Mut­ter von heu­te auf mor­gen kom­plett ver­än­dert. Die­sen Vor­fall konn­te ich nicht durch mei­nen Ehr­geiz, mei­nen Wil­len und mei­ne Moti­va­ti­on regeln. Ich stand vor einer völ­lig neu­en Situa­ti­on.

Neue Wege gehen

Um wei­ter­hin nicht nur für mich, son­dern auch für mei­nen Sohn und mei­ne Frau stark sein zu kön­nen, muss­te ich einen Weg fin­den, mit die­sem Pro­blem umzu­ge­hen. Die­sen Weg fand ich mit­tels der För­de­rung der soge­nann­ten Resi­li­enz, der Fähig­keit, schwie­ri­ge Lebens­si­tua­tio­nen dank psy­chi­scher Wider­stands­kraft zu meis­tern und unbe­scha­det zu über­ste­hen. Psy­chi­sche Wider­stands­kraft ist nicht ange­bo­ren, sie kann jedoch erlernt wer­den. Sie hilft dabei, nega­ti­ve Gefüh­le zuzu­las­sen und belas­ten­de Situa­tio­nen so zu akzep­tie­ren, wie sie sind. Man kann die Fähig­keit zur Resi­li­enz als eine gro­ße Zug­brü­cke betrach­ten, die durch die Nut­zung der nach­fol­gen­den sie­ben Schlüs­sel her­un­ter­ge­las­sen wer­den kann und uns so den Zugang zu unse­rer inne­ren Quel­le einer psy­chi­schen Wider­stands­kraft gewährt.

Akzep­tanz
Oft kann man Gescheh­nis­se ein­fach nicht mehr ändern. Des­we­gen gilt es, nega­ti­ve Erfah­run­gen zunächst zu akzep­tie­ren. Sie machen uns genau wie die posi­ti­ven Erfah­run­gen zu dem Men­schen, der wir sind und geben uns die Gele­gen­heit, uns wei­ter­zu­ent­wi­ckeln. Nur wer Feh­ler macht, ver­lässt unter Umstän­den sein Kom­fort­zo­ne und gewinnt wich­ti­ge Erkennt­nis­se, um Din­ge in der Zukunft bes­ser oder rich­tig zu machen. Dies führt zur per­sön­li­chen Wei­ter­ent­wick­lung, zu einem Zuge­winn an Weis­heit sowie zu einem gestei­ger­ten Selbst­ver­trau­en. Die­ses Selbst­ver­trau­en resul­tiert immer in einer erhöh­ten Wider­stands­kraft.

Opti­mis­mus
Dem Leben opti­mis­tisch zu begeg­nen, indem die posi­ti­ven Sei­ten des Lebens wahr­ge­nom­men wer­den und auch zufrie­den zu sein, wenn nicht alles per­fekt läuft. Per­fek­tio­nis­mus macht krank. Per­fek­tio­nis­ten kön­nen oft nicht dele­gie­ren, sie über­las­ten sich, ver­lie­ren den Blick für das Wesent­li­che und für ihr eige­nes See­len­heil. Stell dir die Fra­ge, was im schlimms­ten Fall pas­sie­ren kann, wenn etwas nicht per­fekt ist. Die Akzep­tanz die­ser Kon­se­quenz lässt dich opti­mis­ti­scher die nächs­ten oder alter­na­ti­ven Schrit­te ange­hen.

Selbst­wirk­sam­keit
Es gilt, sein Leben selbst in die Hand zu neh­men und Zie­le durch die eige­ne Initia­ti­ve fest­zu­le­gen und zu gestal­ten. Selbst­wirk­sam­keit ver­leiht einem das Gefühl, immer etwas tun zu kön­nen. Gera­de wenn der Druck von außen zu groß wird, frag dich, was du selbst tun wür­dest und wel­cher Weg für dich gut ist. Am Ende wird das Ergeb­nis umso bes­ser, was die äuße­ren Druckerzeu­ger auch zumeist befrie­digt. Und die­se ver­stum­men, wenn sie mer­ken, dass du auto­nom und kom­pe­tent selbst Din­ge in die Hand neh­men kannst.

Ver­ant­wor­tung
Wer für das eige­ne Den­ken, Han­deln und Füh­len selbst Ver­ant­wor­tung über­nimmt, hat sein Leben auch selbst in der Hand. Das heißt, auch eige­ne Feh­ler ein­zu­ge­ste­hen und sein Ver­hal­ten ent­spre­chend zu ver­än­dern. Wenn du dir selbst immer etwas vor­machst, nicht fähig bist, objek­tiv dein Han­deln selbst zu reflek­tie­ren und nichts änderst, gibst du die Ver­ant­wor­tung wie­der ab und die Druck­spi­ra­le geht wei­ter. Jeder ist sei­nes eige­nen Glü­ckes Schmid.

Netz­werk­ori­en­tie­rung
Kaps­le dich nicht ab bei Pro­ble­men, son­dern suche den Aus­tausch mit Fami­lie und Freun­den. Sich an sei­nem sozia­len Netz­werk zu ori­en­tie­ren, ist in schwie­ri­gen Situa­tio­nen beson­ders wich­tig, denn das emo­tio­na­le Netz fängt einen auf, wenn man fällt. Hier erhältst du meis­tens Hil­fe­stel­lun­gen, Zunei­gung und Ver­ständ­nis. Und unter Umstän­den zumin­dest den ent­schei­den­den Hin­weis für dei­ne eige­ne Lösung. Aber auch die Gebor­gen­heit und Aner­ken­nung dei­ner selbst durch dein Netz­werk gibt dir ein posi­ti­ves Selbst­be­wusst­sein und Kraft.

Lösungs­ori­en­tie­rung
Nimm eine Her­aus­for­de­rung nicht als Pro­blem an, son­dern sieh sie als Chan­ce, um zu wach­sen. Lösungs­ori­en­tier­tes Den­ken nimmt Pro­ble­men die Domi­nanz, drängt sie in den Hin­ter­grund und macht Platz für die Lösung. So erschei­nen Her­aus­for­de­run­gen leich­ter, man nimmt sie nicht mehr immer und über­all mit hin und das trägt zur Ent­span­nung bei. Der Sie­ger ist immer ein Teil der Lösung. Der Ver­lie­rer ist immer ein Teil des Pro­blems.

Zukunfts­ori­en­tie­rung
Zie­le hel­fen uns, den Weg in unse­re Zukunft zu fin­den und zu gestal­ten. Unser inne­rer Kom­pass hilft uns bei der akti­ven Gestal­tung unse­res Lebens. Die Zie­le soll­ten dabei am bes­ten „SMART“, also spe­zi­fisch, mess­bar, akti­vie­rend, rea­lis­tisch und zeit­lich ter­mi­niert sein. Such dir also Her­aus­for­de­run­gen, die für dich aktu­ell mach­bar sind und die ein Hoch­ge­fühl in dir aus­lö­sen, wenn du an die Ziel­er­rei­chung denkst. Stell dir dabei immer einen kon­kre­ten per­sön­li­chen Erleb­nis­wert vor. Die­sen emo­tio­nal posi­ti­ven zukünf­ti­gen Zustand gilt es zu ver­in­ner­li­chen. Ziel­col­la­gen sind hier­zu ein sehr gutes Medi­um, da sie dein Unter­be­wusst­sein stets visu­ell posi­tiv trig­gern, was zu einer fort­wäh­ren­den ziel­ori­en­tier­ten Hand­lungs­in­iti­ie­rung führt.

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Quel­le: shape UP 5/2021