Ener­gie kommt, Cel­lu­li­te geht – Wie das Zucker­frei-Expe­ri­ment gelingt

Energie kommt, Cellulite geht – Wie das Zuckerfrei-Experiment gelingt

Wer sich zucker­frei ernäh­ren will oder zumin­dest mal eine Chall­enge wagen möch­te, muss vor allem gut orga­ni­siert sein. Fal­len lau­ern näm­lich über­all und die gilt es, zu ent­lar­ven und aus­zu­trick­sen. Hat man die Zucker­in­dus­trie und das eige­ne Hirn durch­schaut, gelingt das Expe­ri­ment erstaun­lich gut, macht viel­leicht sogar Spaß und bringt her­vor­ra­gen­de Ergeb­nis­se.

Zucker­frei

Das ist gera­de in aller Mun­de. Kein Wun­der. Die Ergeb­nis­se der zucker­frei­en Ernäh­rung oder einer Zucker­frei-Chall­enge von meh­re­ren Wochen sind ja auch gigan­tisch: Gewicht­ab­nah­me, bes­se­re Haut, mehr Ener­gie. Es klingt sehr ver­lo­ckend. Weil unse­re Geschmacks­ner­ven aber von klein auf – das fängt schon beim Geschmack von Mut­ter­milch an – auf süß getrimmt wer­den, ist es gar nicht leicht für uns auf Zucker­hal­ti­ges zu ver­zich­ten.

Wer sich an das Expe­ri­ment wagen will, braucht zunächst eins: Zeit beim Ein­kau­fen. Denn Zucker ver­steckt sich über­all. Im Müs­li und im Joghurt, in rein pflanz­li­chen Milch­al­ter­na­ti­ven, in Fer­tig­saucen oder Ket­chup, sau­ren Gur­ken und so wei­ter. Also heißt Schritt eins: ab in einen gut bestück­ten Bio­la­den und genug Zeit mit­brin­gen, um alle Pro­duk­te auf ihre Inhalts­stof­fe hin unter die Lupe zu neh­men. Zuvor soll­te die Über­le­gung gemacht wer­den, was zucker­frei für einen selbst eigent­lich bedeu­tet. Heißt zucker­frei, auf Pro­duk­te mit indus­tri­el­lem Zucker zu ver­zich­ten oder heißt es auch auf Koh­len­hy­dra­te wie Wei­zen­pro­duk­te zu ver­zich­ten? Heißt zucker­frei auch, dass Obst, Tro­cken­früch­te, Honig, Aga­ven­dick­saft und Ahorn­si­rup auf der roten Lis­te ste­hen?

Mei­de ‑it und ‑ose

Fragt man Ernäh­rungs­exper­tin und Öko­tropho­lo­gin Dr. Bri­git­te Bäu­er­lein emp­fiehlt sie, zunächst ein­mal dar­auf zu ach­ten, indus­tri­el­len Zucker und Süßungs­mit­tel weg­zu­las­sen. Zu den Süßungs­mit­tel zählt sie Honig, Aga­ven­dick­saft, Kokos­blü­ten­zu­cker, aber auch Süß­stof­fe, Stevia und Xylit. „Grund­sätz­lich soll­ten wir dar­auf ach­ten, alles zu mei­den, was auf den Inhalts­stof­fen mit der Endung ‑ose oder ‑it gekenn­zeich­net ist“, sag­te Bäu­er­lein. Die Schwie­rig­keit dabei: Es gibt fast 70 Begrif­fe für Zucker. Des­we­gen ist es so wich­tig, sich beim Ein­kau­fen die Zeit zu neh­men, genau dar­auf zu ach­ten, was wo drin ist. Obst und Tro­cken­früch­te emp­fiehlt Bäu­er­lein wei­ter­hin. „Der Zucker in Früch­ten ist nichts Schlech­tes, weil wir ihn im Ver­bund mit Bal­last­stof­fen zu uns neh­men. Dadurch sickert er ganz lang­sam in unser Blut und zusätz­lich neh­men wir Mine­ral­stof­fe und Vit­ami­ne auf.“ Und sie gibt gleich auch grü­nes Licht für Dat­teln, die ein bei­spiels­wei­se ein super Zucker­er­satz beim Backen sind.

Am Anfang emp­fiehlt es sich aber tat­säch­lich auch auf die sehr süßen Tro­cken­früch­te zu ver­zich­ten. Zum einen, um die Geschmacks­ner­ven noch mal auf natür­li­che Süße zu schu­len, zum ande­ren, weil Zucker wirk­lich süch­tig machen kann. Wer süch­tig ist, muss auf Trig­ger ver­zich­ten und Trig­ger kön­nen sogar Pas­ta oder wei­zen­hal­ti­ge Pro­duk­te sein. Dann ist es sogar rat­sam auch ganz auf Fruc­to­se zu ver­zich­ten, das bedeu­tet kein Obst! Zumin­dest für sechs Wochen. So lan­ge brauch der Kör­per dann zum Ent­gif­ten und der Kopf zum Neu­pro­gram­mie­ren. Mari­on Sel­zer hat den Blog inspiriert-sein.de gegrün­det. Sie ist Ernäh­rungs- und psy­cho­lo­gi­sche Bera­te­rin. Die diplo­mier­te Juris­tin hat acht Mona­te auf Zucker ver­zich­tet, sie mied sogar stär­ke­hal­ti­ge Pro­duk­te. „Weil ich tat­säch­lich zucker­süch­tig war. Ich muss­te einen rich­ti­gen Ent­zug machen.“ Wer wirk­lich zucker­süch­tig ist, muss sehr kon­se­quent sein. Aber auch dann gilt: Nach einer gewis­sen Zeit muss man nicht mehr so streng mit sich selbst sein.

Moti­viert blei­ben

Ist die Ent­schei­dung für eine Zucker­frei-Chall­enge gefal­len, gilt es zunächst ein­mal, dies wirk­lich als Expe­ri­ment zu sehen. Was pas­siert denn wirk­lich mit mei­nem Kör­per, wenn ich auf Zucker ver­zich­te? Wie geht es mir nach Tag 1, Tag 2, …? Das ist näm­lich span­nend und wirk­lich inter­es­sant. Es macht sogar Sinn, mög­lichst vie­len Leu­ten vom Expe­ri­ment zu erzäh­len. Nicht etwa, um als Moral­apos­tel abge­stem­pelt zu wer­den, son­dern um es sich selbst leich­ter zu machen, bei sei­nem Vor­ha­ben zu blei­ben. Denn vor den ande­ren zuge­ben zu müs­sen, dass man nicht am Ball blei­ben konn­te, will ja nie­mand.

Schlech­te Gewohn­hei­ten erset­zen, nicht abschaf­fen

Um nicht selbst stän­dig in die Zucker­fal­le zu tre­ten, muss – neben dem gut orga­ni­sier­ten Ein­kauf – die schlech­te Gewohn­heit durch eine gute ersetzt wer­den. Bei­spiels­wei­se: Statt beim Fern­se­hen zu Scho­ko­la­de oder Chips (im Übri­gen auch zucker­hal­tig!) zu grei­fen, Nüs­se knab­bern. So muss eine Gewohn­heit nicht ganz abge­schafft wer­den, son­dern ein­fach ersetzt wer­den. Es ist wich­tig, dass man sol­che Alter­na­ti­ven zuhau­se hat. Wich­tig ist es auch, für unter­wegs gewapp­net zu sein. Denn wäh­rend sich die Kol­le­gen genüss­lich Ber­li­ner und Lat­te Mac­chia­to rein­schie­ben, knab­bert man selbst an den gesun­den Alter­na­ti­ven und muss nicht dumm aus der Wäsche gucken, wäh­rend die ande­ren Schlem­men.

Zucker­frei heißt übri­gens nicht, dass die Nah­rungs­zu­nah­me nun trist und lang­wei­lig abläuft. Im Gegen­teil. Weil wir unse­re Geschmacks­ner­ven neu aus­rich­ten, mer­ken wir plötz­lich, wie süß eine Karot­te schme­cken kann. Ener­gy Balls (auch davon fin­det man Unmen­gen ver­schie­de­ner Rezep­te im Netz) sind nicht nur tol­le Alter­na­ti­ve für unge­sun­de Nasche­rei­en son­dern ste­cken auch voll guter Nähr­stof­fe. Müs­li­rie­gel las­sen sich super sel­ber machen. Am bes­ten am Wochen­en­de und auf Vor­rat. Das gilt auch für das Kochen. Meal-Prep heißt hier das Zau­ber­wort, das künf­tig zu unse­rem bes­ten Freund wer­den muss. Vor­ko­chen spart im All­tag Zeit und ist beim Zucker­frei-Expe­ri­ment ein Muss. Restau­rants sind kaum eine Alter­na­ti­ve, denn dort ist der Zucker­frei-Trend lei­der noch nicht ange­kom­men. Am bes­ten plant man den ers­ten gro­ßen Ein­kauf an einem Sams­tag und kocht dann am Sonn­tag flei­ßig vor. Viel­leicht hört sich das alles nach unfass­ba­rem Auf­wand an – ist es aber nicht. Kochen kann schnell zur Gewohn­heit wer­den und gesun­de Ernäh­rung zur Sucht. Wie schön es sein kann, auf sich selbst zu ach­ten, den eige­nen Kör­per nur mit dem Bes­ten zu ver­sor­gen, das merkt man bei die­sem Expe­ri­ment schnell.

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