Her­zens­gu­tes Trai­ning

Low-Inten­si­ty-Steady-Sta­te-Car­dio (LISS) kann weit­aus mehr leis­ten, als nur Fett zu ver­bren­nen. Das nied­rig­in­ten­si­ve Aus­dau­er­trai­ning kommt dem weib­li­chen Kör­per ent­ge­gen und bringt dir zahl­rei­che gesund­heit­li­che Vor­tei­le.

Dass Steady-Sta­te-Car­dio als Top-Fett­ver­bren­ner ein wich­ti­ger, aber allein nicht aus­rei­chen­der Pusher bei der Gewicht­ab­nah­me ist, war in der letz­ten Aus­ga­be der shape UP nach­zu­le­sen. Über­haupt emp­fiehlt es sich, nied­rig­in­ten­si­ve Ein­hei­ten stets mit ande­ren Trai­nings­me­tho­den zu kom­bi­nie­ren. Weg­fal­len las­sen soll­test du Steady-Sta­te-Car­dio hin­ge­gen nicht, denn das hie­ße, auf natur­ge­ge­be­ne Vor­tei­le zu ver­zich­ten. Nicht zufäl­lig set­zen Frau­en im Fit­ness­stu­dio intui­tiv auf einen hohen Aus­dau­er­an­teil und igno­rie­ren ger­ne Vor­schlä­ge, sie soll­ten mehr wie Män­ner trai­nie­ren. Das ist Stär­ke und nicht Schwä­che. Mehr Aus­dau­er­trai­ning zu machen, mit kon­trol­lier­ten Geschwin­dig­kei­ten zu trai­nie­ren, mehr Wie­der­ho­lun­gen zu absol­vie­ren und grö­ße­re Trai­nings­vo­lu­men zu bewäl­ti­gen, heißt letzt­end­lich, der Evo­lu­ti­on zu gehor­chen. Aber­tau­sen­de Jah­re der Ent­wick­lung führ­ten dazu, dass Frau­en zwar weni­ger Kraft, aber ein höhe­res Durch­hal­te­ver­mö­gen besit­zen. Das wie­der­um hängt eng mit der Struk­tur der Mus­ku­la­tur zusam­men.

Frau rot, Mann weiß

Frau­en wei­sen mehr „rote“ Typ-1-Mus­kel­fa­sern auf als Män­ner, bei denen „wei­ße“ Typ-2-Fasern aus­ge­präg­ter sind. Rote Fasern kon­tra­hie­ren lang­sam (slow twitch) und gene­rie­ren weni­ger explo­si­ve Kraft als die schnell kon­tra­hie­ren­den (fast twitch) wei­ßen Fasern. Nur wei­ße Typ-2-Fasern wei­sen den Weg zu einer sehr kräf­ti­gen Mus­ku­la­tur. Ins­ge­samt sind Frau­en von der Beschaf­fen­heit ihres Kör­pers also eher aus­dau­er­af­fin, Män­ner hin­ge­gen kraft­sport­ge­eig­ne­ter. LISS ist dem­nach rein phy­sio­lo­gisch betrach­tet ein natür­li­cher Ver­bün­de­ter des weib­li­chen Geschlechts.

Dich aus­schließ­lich auf Kraft- oder Hoch­in­ten­si­täts-Trai­ning zu fokus­sie­ren und dabei Car­dio außer Acht zu las­sen, wür­de folg­lich dei­ne Erfol­ge sabo­tie­ren – egal, ob das Ziel Gewichts­ab­nah­me oder Muskelaufbau/Bodyforming ist. Frau­en, egal wie hart und inten­siv sie mit Gewich­ten trai­nie­ren, legen kaum an Mus­kel­mas­se zu, blei­ben dafür aber lan­ge gesund, wenn sie mehr Aus­dau­er­sport trei­ben. Die gesund­heit­li­chen Vor­tei­le sind in man­chen Punk­ten sogar stär­ker aus­ge­prägt als bei Män­nern.

Gut fürs Herz

Ein Rie­sen­bo­nus bei LISS ist natur­ge­mäß eine Erhö­hung der Aus­dau­er­leis­tung. Län­ge­res, nied­rig­in­ten­si­ves Car­dio­trai­ning ver­bes­sert die kar­dio­vasku­lä­re Aus­dau­er, heißt, damit tust du Herz und Gefä­ßen einen gro­ßen Gefal­len. Die Stär­kung des Herz­mus­kels ist dabei einer der schöns­ten Trai­nings­ef­fek­te. Bei einer durch geziel­te Car­dio­ein­hei­ten geför­der­ten Herz­funk­ti­on kann das Organ mit jedem Herz­schlag eine grö­ße­re Men­ge Blut und damit auch eine grö­ße­re Men­ge dar­in gebun­de­nen Sauer­stoffs trans­por­tie­ren. Das ver­bes­sert die Leis­tung dei­nes gesam­ten Herz-Kreis­lauf-Sys­tems und erhöht den Sauer­stoff­trans­port in die Mus­ku­la­tur. Bei einem kon­ti­nu­ier­li­chen Steady-Sta­te-Trai­ning pas­sen sich nicht nur der Herz­mus­kel, son­dern mit den Mito­chon­dri­en auch die „Ener­gie­kraft­wer­ke“ dei­ner Zel­len mit der Zeit an die Belas­tung an. Sie wach­sen dadurch in Grö­ße und Zahl. Dei­ne Mus­ku­la­tur kann so mehr Sauer­stoff umset­zen und gibt dir im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes einen „lan­gen Atem“. Die Stär­kung der mus­ku­lä­ren Aus­dau­er zögert die Zeit bis zur Erschöp­fung also erheb­lich hin­aus und du hältst län­ger beim Sport durch als bei hoch­in­ten­si­ven, Ener­gie­re­ser­ven fres­sen­den Belas­tun­gen.

Steady-Sta­te-Car­dio opti­miert zudem den Blut­fluss, was dazu bei­tra­gen kann, dass belas­ten­de Stoff­wech­sel­pro­duk­te bes­ser abtrans­por­tiert wer­den und dei­ne Mus­ku­la­tur schnel­ler mit Nähr­stof­fen ver­sorgt wird. Ein wei­te­res Plus von LISS ist die gerin­ge ana­to­mi­sche Belas­tung. Mit län­ge­ren Aus­dau­er­ein­hei­ten bei nied­ri­ger Inten­si­tät kannst du dei­ne Kno­chen und Gelen­ke stär­ken. Ein­hei­ten mit hoher Inten­si­tät stel­len dage­gen eine nicht zu ver­nach­läs­si­gen­de Belas­tung für den gesam­ten Bewe­gungs­ap­pa­rat dar. Auch mit leich­tem Mus­kel­ka­ter kannst du pro­blem­los eine LISS-Ein­heit absol­vie­ren, denn nied­rig­in­ten­si­ves Aus­dau­er­trai­ning stresst dei­nen Kör­per weni­ger als inten­si­ve­re Trai­nings­for­men. So kannst du trotz län­ge­rer Übungs­ein­hei­ten letzt­lich auch pro­blem­freie­re Rege­ne­ra­ti­ons­pha­sen genie­ßen. Wobei noch ein­mal an die Erkennt­nis des vor­an­ge­gan­gen Arti­kels in Heft 4/2021 erin­nert wer­den soll, dass Steady-Sta­te-Car­dio wohl­do­siert sein will und län­ge­re Trai­nings­pau­sen uner­läss­lich sind.

Höhe­re see­li­sche Effek­te als bei Män­nern

LISS tut nicht nur dei­nem Köper gut, auch die See­le trai­niert mit. Dar­auf kön­nen Män­ner durch­aus nei­disch sein, denn bei ihnen ist der Effekt deut­lich gerin­ger. Ein For­scher­team der Uni­ver­si­ty of Lime­rick in Irland unter­such­te, wie sich Steady-Sta­te-Car­dio auf die Gemüts­la­ge bei­der Geschlech­ter aus­wirkt. Dazu absol­vier­te ein Teil der Pro­ban­den ein 30-minü­ti­ges inten­si­ves Lauf­band­trai­ning mit gleich­blei­ben­der Belas­tung, ein ande­rer Teil ruh­te in der Zeit. Ins­ge­samt stell­te sich her­aus, dass die durch die kör­per­li­che Akti­vi­tät erziel­ten Ver­bes­se­run­gen bei Frau­en deut­lich aus­ge­präg­ter waren als bei beim ande­ren Geschlecht. Die all­ge­mei­ne Stim­mungs­la­ge wie auch die ener­ge­ti­sche Auf­la­dung gin­gen nach oben, Ermü­dungs­er­schei­nun­gen und Ver­un­si­che­rungs­ge­füh­le lie­ßen nach.

Gut kom­bi­nie­ren bringt dich am wei­tes­ten

Wir haben erfah­ren: Wer durch Sport abneh­men möch­te, soll­te sich kei­nes­falls nur auf LISS kon­zen­trie­ren – umge­kehrt gilt: Wer als Frau nur Kraft trai­niert, ver­schwen­det Res­sour­cen. Eine sinn­vol­le Mischung ver­schie­de­ner Trai­nings­sti­le, die dei­nen Kör­per immer wie­der mit unter­schied­li­chen Belas­tungs­rei­zen kon­fron­tiert, ist gene­rell die mit Abstand bes­te Wahl. Durch wech­seln­de Impul­se deckst du die ver­schie­dens­ten Facet­ten des Sports ab. Das erhöht den Spaß, bringt stän­dig neue Her­aus­for­de­run­gen und du lernst dei­nen Kör­per erst so rich­tig ken­nen und in Form zu brin­gen.

Abbil­dung: Anna Try­hub / shutterstock.com
Quel­le: shape UP Ladies 5/2021