Nasen­schmerz und Ohren­weh

Am Bei­spiel von Ent­zün­dun­gen im Hals-Nasen-Ohren-Bereich wol­len wir betrach­ten, wie die Tra­di­tio­nel­le Chi­ne­si­sche Medi­zin zu einer Dia­gno­se und The­ra­pie kommt – spe­zi­ell im Rah­men der Ernäh­rung. Dabei neh­men wir im Spe­zi­el­len die Nasen­ne­ben­höh­len­ent­zün­dung, die Mit­tel­ohr­ent­zün­dung und die Pol­len­all­er­gie unter die Lupe. Das Wich­tigs­te: Es geht immer um die aktu­ell vor­han­de­nen Sym­pto­me und weni­ger um die west­li­che, kli­ni­sche Dia­gno­se.

Ob Nasen­ne­ben­höh­len­ent­zün­dung, Ohren­schmer­zen oder Pol­len­all­er­gie – die TCM weiß, dass die dabei ent­ste­hen­de Ent­zün­dungs­hit­ze sowie der ent­ste­hen­de Schleim nicht sofort medi­ka­men­tös behan­delt wer­den müs­sen. Schon eine bewuss­te Ernäh­rungs­um­stel­lung kann es dem Kör­per erleich­tern, selbst mit dem Erre­ger fer­tig zu wer­den.

Nasen­ne­ben­höh­len­ent­zün­dung

Sehen wir uns zum Bei­spiel die Nasen­ne­ben­höh­len­ent­zün­dung an. In der TCM wis­sen wir, dass bei jeder Ent­zün­dung Hit­ze im Spiel ist. Gleich­zei­tig ist viel Schleim, also inne­re Feuch­tig­keit, ein Merk­mal der Nasen­ne­ben­höh­len­ent­zün­dung. Die Medi­zin unter­schei­det aku­te und chro­ni­sche Sinu­s­i­tis. Kenn­zei­chen einer aku­ten Nasen­ne­ben­höh­len­ent­zün­dung sind eine star­ke Nie­der­ge­schla­gen­heit, eit­ri­ges, dickes Nasen­se­kret, oder auch Fie­ber. Die chro­ni­sche Sinu­s­i­tis dau­ert län­ger als drei Mona­te oder tritt häu­fi­ger als vier­mal jähr­lich auf. Sie ent­steht unter ande­rem durch eine unge­nü­gen­de Aus­hei­lung der aku­ten Form. Wird die Krank­heit nicht voll­stän­dig aus­ku­riert, kön­nen ver­blei­ben­de Schleim­res­te in den Nasen­ne­ben­höh­len für ein andau­ern­des Druck­ge­fühl im Gesicht und hin­ter den Augen sor­gen, wobei die Beschwer­den weni­ger stark sind als bei der aku­ten Erkran­kung. Ande­re Grün­de für eine chro­ni­sche Nasen­ne­ben­höh­len­ent­zün­dung sind eine schie­fe Nasen­schei­de­wand (ange­bo­ren oder spä­ter erwor­ben) sowie All­er­gien.

Zu Beginn ist die Sinu­s­i­tis von einem nor­ma­len Schnup­fen (Rhi­ni­tis) nicht zu unter­schei­den. Es kommt zu ver­mehr­ter Bil­dung von Nasen­se­kret, Atem­pro­ble­men und Ver­schlei­mung. Bei Fort­schrei­ten der Krank­heit kommt aller­dings ein wei­te­res typi­sches Sym­ptom hin­zu: Gesichts­schmer­zen, die sich bei Berüh­rung oder bei star­ken Bewe­gun­gen und Bücken ver­stär­ken. Zusätz­lich tre­ten oft auch Kopf­schmer­zen auf und ein wei­te­res Sym­ptom ist der vor­über­ge­hen­de Ver­lust des Geruchssinns.Aus Sicht der TCM soll­te man bei einer Sinu­s­i­tis nicht sofort schleim­lö­sen­de Mit­tel und Anti­bio­ti­ka ver­schrei­ben, son­dern zuerst mit Haus­mit­teln, Ruhe und ent­spre­chen­der Ernäh­rung ver­su­chen, den Schleim aus­zu­lei­ten. Grei­fen wir zu früh ein, kann der Schleim den Krank­heits­er­re­ger nicht aus­lei­ten und er ver­bleibt im Kör­per. Das führt dazu, dass die Krank­heit immer wie­der auf­flam­men kann oder sogar chro­nisch wird.

Betrof­fe­ne soll­ten daher die­se befeuch­ten­den Zuta­ten ver­mei­den: Frucht­saft, Joghurt, Smoothies, kal­te Geträn­ke, Bier, Weiß­mehl, Zucker, Süßig­kei­ten, Kuh­milch, wei­cher Käse, fet­ti­ge und frit­tier­te Nah­rungs­mit­tel, zu viel Roh­kost (vor allem Toma­te, Gur­ke, Oran­ge, Bana­ne, Was­ser­me­lo­ne)

Die­se Nah­rungs­mit­tel und Geträn­ke lei­ten dage­gen Feuch­tig­keit aus: gekoch­tes Getrei­de wie Reis, Polen­ta, Hir­se, Gers­te (außer Wei­zen), gekoch­tes Wur­zel­ge­mü­se wie Karot­ten, Pas­ti­na­ke, Rote Bete, Brok­ko­li, Chi­na­kohl, Ret­tich, Radies­chen, Rosen­kohl, Lin­sen, Boh­nen, Kicher­erb­sen, , Cham­pi­gnons und Pil­ze­Ap­fel (roh und gekocht), getrock­ne­te Kräu­ter und Gewür­ze wie Thy­mi­an, Ore­ga­no, Kar­da­mom, Küm­mel, Kori­an­der, hei­ßes Was­ser, Kräu­ter­tees wie Eibi­schwur­zel, Lin­den­blü­ten, Spitz­we­ge­rich

Zusätz­lich ist es aller­dings wich­tig, auch auf die Ver­dau­ung der Pati­en­ten zu ach­ten. Denn alles, was Ver­dau­ungs­be­schwer­den ver­ur­sacht, führt wie­der­um zur Ent­ste­hung von Feuch­tig­keit. Des­halb gilt hier: Weni­ger ist mehr. Hül­sen­früch­te zum Bei­spiel sind sehr emp­feh­lens­wert, um das Qi zu stär­ken und Schleim und Feuch­tig­keit nach­hal­tig aus­zu­lei­ten – aber nur, wenn der Pati­ent sie gut ver­trägt. Bei jeder Ent­zün­dung, egal ob in den Nasen­ne­ben­höh­len, im Hals oder in den Ohren, soll­ten wir außer­dem erhit­zen­de Zuta­ten mög­lichst redu­zie­ren, da wie oben erwähnt Ent­zün­dun­gen die Anwe­sen­heit von Hit­ze anzei­gen. Die Betrof­fe­nen soll­ten daher schar­fe Gewür­ze, Knob­lauch, Lauch, Kaf­fee, Ingwer(tee), Zimt, Gewürz­nel­ken, Hüh­ner­kraft­sup­pe, gegrill­tes oder frit­tier­tes Fleisch und Alko­hol ver­mei­den.

Ohren­schmer­zen

Es besteht ein Zusam­men­hang zwi­schen Ohren­schmer­zen, zu viel inne­rer Feuch­tig­keit sowie Hit­ze. Und auch hier spielt die Ernäh­rung eine wesent­li­che Rol­le: eine kuh­milch- und zucker­ba­sier­te und fet­ti­ge Ernäh­rung kann eine Mit­tel­ohr­ent­zün­dung wesent­lich begüns­ti­gen. Kuh­milch und Zucker wir­ken nach TCM stark befeuch­tend. Sie füh­ren zu Schleim und Was­ser­an­samm­lun­gen im Kör­per, auch hin­ter dem Ohr. Außer­dem füh­ren sie zu einer Stau­ung von Nah­rung im Darm, was wie­der­um Hit­ze erzeugt. Laut der Tra­di­tio­nel­len Chi­ne­si­schen Medi­zin gibt es eine direk­te Ver­bin­dung zwi­schen dem Magen-Darm-Trakt und dem Innen­ohr. Wenn sich sta­gnie­ren­de Nah­rung dort ansam­melt und sich dadurch sowohl Hit­ze als auch Feuch­tig­keit und Schleim bil­den, kön­nen die­se direkt hin­auf ins Innen­ohr stei­gen und dort zu Pro­ble­men füh­ren.

Wei­ter­hin kön­nen Ohren­schmer­zen Begleit­erschei­nung einer aku­ten Erkran­kung sein. Bei Schnup­fen und Hus­ten ver­teilt sich das Sekret ger­ne auch zu den Ohren und führt zu Druck­ge­fühl und Schmer­zen. Auch hier steht Feuch­tig­keit als Ursa­che im Vor­der­grund. Die Ernäh­rungs­tipps und Haus­mit­tel sind in bei­den Fäl­len die­sel­ben. Betrof­fe­ne soll­ten bei Ohren­schmer­zen vor allem auf befeuch­ten­de Zuta­ten wie Kuh­milch und Zucker sowie die oben auf­ge­zähl­ten befeuch­ten­den Zuta­ten ver­zich­ten und gekoch­te Spei­sen aus leicht bekömm­li­chen Zuta­ten bevor­zu­gen. Zudem soll­ten sie eine über­mä­ßi­ge Spei­se­auf­nah­me mei­den und aus­rei­chend war­mes bis hei­ßes Was­ser sowie mil­de Kräu­ter­tees wie Kamil­le, Melis­se, Lin­den­blü­ten, Holun­der­blü­ten trin­ken.

Mit­tel­ohr­ent­zün­dun­gen
Bei Mit­tel­ohr­ent­zün­dun­gen wer­den oft Anti­bio­ti­ka ver­schrie­ben. Die TCM sieht die­se kri­tisch, da sie toxi­sche Hit­ze zwar küh­len, aber auch die Ver­dau­ung schwä­chen und so die Feuch­tig­keits- und Schleim­pro­duk­ti­on anre­gen. Das kann dazu füh­ren, dass eine Mit­tel­ohr­ent­zün­dung immer wie­der­kehrt, weil die ver­ur­sa­chen­de Feuch­tig­keit noch im Kör­per ist. Anti­bio­ti­ka soll­ten daher nur im Not­fall ver­schrie­ben und ein­ge­nom­men wer­den – kei­nes­falls regel­mä­ßig. Mei­ne Emp­feh­lung bei wie­der­keh­ren­den Mit­tel­ohr­ent­zün­dun­gen ist neben einer Ernäh­rungs­um­stel­lung die Aus­lei­tung von Feuch­tig­keit mit TCM-Kräu­tern und Aku­punk­tur sowie eine Stär­kung des Immun­sys­tems.

Zwie­bel­wi­ckel und Wär­me
Ein bewähr­tes Haus­mit­tel bei Ohren­schmer­zen ist der Zwie­bel­wi­ckel: Dafür füllt man ange­wärm­te Zwie­bel­stü­cke in eine Socke und befes­tigt die­se am Ohr, etwa mit einem Stirn­band. Die Ein­wirk­zeit rich­tet sich nach dem Wohl­be­fin­den des Pati­en­ten. Zwie­beln wir­ken schleim­lö­send und schmerz­stil­lend. Betrof­fe­ne soll­ten die Ohren außer­dem durch­ge­hend warm hal­ten, etwa mit einem Tuch. Auch die Bestrah­lung mit einer Rot­licht­lam­pe oder Wär­me­quel­len wie Kirsch­kern­kis­sen kön­nen lin­dernd wir­ken. Wär­me wirkt durch­blu­tungs­för­dernd und regt den Fluss des Sekrets an, sodass Schmer­zen gelin­dert wer­den. Auch Inha­lie­ren mit leicht gesal­ze­nem Was­ser oder ein Kamil­len­auf­guss erfüllt die­sen Zweck.

Druck­ent­las­tung
Ein Nasen­spray mit natür­li­cher Salz­lö­sung hilft, den Druck auf das Ohr zu ent­las­ten. Die Nasen­schleim­häu­te schwel­len durch das Spray ab. So kann sich die Eusta­chi­sche Röh­re öff­nen und das Ohren­se­kret leich­ter abflie­ßen. Im Spray soll­ten aller­dings nur Salz und Was­ser ent­hal­ten sein, denn ande­re Zusatz­stof­fe kön­nen den natür­li­chen Hei­lungs­pro­zess des Kör­pers stö­ren. In der Tra­di­tio­nel­len Chi­ne­si­schen Medi­zin geht es dar­um, den Kör­per arbei­ten zu las­sen und sei­ne Selbst­hei­lungs­kräf­te zu akti­vie­ren. Die Auf­ga­be der Medi­zin liegt dar­in, den Krank­heits­er­re­ger aus­zu­lei­ten, und zwar so, dass kei­ne Res­te davon im Kör­per ver­blei­ben, die spä­ter zu erneu­ten Krank­hei­ten, All­er­gien et cete­ra füh­ren kön­nen. Das heißt nicht, dass Medi­ka­men­te nicht manch­mal not­wen­dig und ange­bracht sind, aller­dings soll­ten vor­her Haus­mit­tel, Ruhe und eine pas­sen­de Ernäh­rungs­um­stel­lung vor­ge­zo­gen wer­den.

Pol­len­all­er­gie

Eine Pol­len­all­er­gie äußert sich meist durch Schnup­fen­sym­pto­me. Je nach Sym­pto­men kann bei einer Pol­len­all­er­gie etwa die Feuch­tig­keit im Vor­der­grund ste­hen, die Leber­hit­ze oder auch ein schwa­ches Milz-Qi. Jede All­er­gie beruht in der TCM auf einem Milz-Qi-Man­gel, da die Milz nicht nur für die Ver­dau­ung von Essen zustän­dig ist, son­dern auch für die Ver­ar­bei­tung von allem, was durch die Luft fliegt (und sogar von geis­ti­gen Ein­flüs­sen). Die Milz soll­te daher mit regel­mä­ßi­gen, vor­wie­gend gekoch­ten Mahl­zei­ten (Stich­wort: gekoch­tes Früh­stück!) gestärkt wer­den. Dafür eig­net sich beson­ders gekoch­tes Getrei­de wie Reis, Polen­ta, Hir­se, Hafer­flo­cken sowie gekoch­tes Wur­zel­ge­mü­se wie Karot­ten, Pas­ti­na­ken oder Süß­kar­tof­fel.

Schnup­fen
Auch Schnup­fen ist ein Zei­chen von Feuch­tig­keit. Beson­ders die stark befeuch­ten­den Nah­rungs­mit­tel und Geträn­ke soll­ten bei Schnup­fen ver­mie­den wer­den: Kuh­milch, wei­cher Käse, Oran­gen­saft, Weiß­mehl, Toma­ten- und Gur­ken­sa­lat, Jogurt, Smoothies, frit­tier­tes Fleisch, fet­ti­ges Essen, Nudeln, Brot­mahl­zei­ten. Wei­te­re Indi­ka­to­ren für Feuch­tig­keit sind außer­dem Über­ge­wicht, ver­schleim­te Lunge/Nasennebenhöhlen, Öde­me oder brei­iger, zu wei­cher Stuhl.

Gerö­te­te jucken­de Augen
Gerö­te­te und jucken­de Augen zei­gen inne­re Hit­ze an, die von der Leber kommt (in der TCM sagt man: „Die Leber öff­net sich in die Augen“). Gau­men­ju­cken ist dage­gen ein Indi­ka­tor von Hit­ze, die von der Lun­ge kommt. Für die Ernäh­rungs­um­stel­lung ist es aller­dings uner­heb­lich, woher die Hit­ze kommt – der ers­te Schritt bleibt unab­hän­gig davon das Weg­las­sen erhit­zen­der Gewür­ze, wie Chi­li, Pfef­fer, Zimt, Ing­wer und Knob­lauch. Auch Zwie­bel und Lauch sowie gegrill­tes Fleisch, Alko­hol und Kaf­fee sind erhit­zend. Die Leber kann spe­zi­ell mit grü­nen, küh­len­den Gemü­se­ar­ten gekühlt wer­den, z. B. Brok­ko­li, Stan­gen­sel­le­rie und Kres­se sowie mit bit­te­ren Blatt­sa­la­ten wie Chi­co­rée und Endi­vi­en. Als Tee eig­net sich Chry­san­the­men­blü­ten­tee, der nach TCM gezielt die Hit­ze aus den Augen lei­tet (in TCM-Apo­the­ken erhält­lich). Ein west­li­ches Kraut dafür ist Augen­trost.

Häu­fi­ges Nie­sen
Häu­fi­ges Nie­sen zeigt das Ein­drin­gen von Wind in die Lun­ge an, beru­hend auf einem Lun­gen-Qi-Man­gel. Zu die­sem gehö­ren auch ein Schnup­fen sowie auf­tre­ten­de Atem­not und all­ge­mein eine Infekt­an­fäl­lig­keit, Erschöp­fung und leich­tes, oft chro­ni­sches Hüs­teln. Die Lun­ge lässt sich durch bestimm­te Zuta­ten wie Karot­ten, Kür­bis, Spar­gel, Man­deln, Bir­ne, Ret­tich und Hafer stär­ken. Auch Atem­übun­gen und Qi-Gong oder Yoga sind gut für die Lun­ge, und natür­lich fri­sche Luft. Gegen den inne­ren Wind kön­nen Aku­punk­tur und TCM-Kräu­ter hel­fen, am bes­ten noch vor der All­er­gie­sai­son. Die Ernäh­rungs­emp­feh­lun­gen für All­er­gien sind lang­fris­tig zu sehen, hier soll­te mit meh­re­ren Mona­ten bis zu einem Jahr oder län­ger bis zu einer Ver­bes­se­rung des Heu­schnup­fens gerech­net wer­den.

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