Nas­se Sache

Beim Aqua­fit­ness kann man gera­de im Som­mer zwei Flie­gen mit einer Klap­pe schla­gen: den gesam­ten Kör­per trai­nie­ren und sich gleich­zei­tig abküh­len. Bei dem Wort „Was­ser­gym­nas­tik“ tau­chen viel­leicht noch immer Asso­zia­tio­nen von älte­ren Damen in bun­ten Bade­kap­pen oder Bewe­gun­gen in Zeit­lu­pe nach Ver­let­zun­gen in einer Reha­kli­nik auf. Doch Training im Was­ser kann mehr und hat das Zeug, zur wie­der­ent­deck­ten Trend­sport­art zu wer­den!

Der Name „Aqua­fit­ness“ bringt es auf den Punkt, denn durch den Was­ser­wi­der­stand lässt sich wun­der­bar an der eige­nen Fit­ness arbei­ten, womit im All­ge­mei­nen die Stei­ge­rung der indi­vi­du­el­len psy­chi­schen und phy­si­schen Belast­bar­keit gemeint ist. Im Was­ser lässt sich nicht nur die Mus­ku­la­tur kräf­ti­gen, son­dern sich im küh­len Nass zu bewe­gen, macht auch ein­fach Spaß. Es erin­nert an Kind­heit, Som­mer­ta­ge und Unbe­schwert­heit. Im Gegen­satz zum Schwim­men und dem „Kacheln zäh­len“ wird es beim Aqua Fit­ness nie lang­wei­lig. Es gibt viel­fäl­ti­ge Übun­gen und Tools, die den Wider­stand im Was­ser noch erhö­hen. Ver­bin­det man Sport und Spaß, hat man sei­ner Gesund­heit und Fit­ness schon ganz viel Gutes getan.

Die Grund­la­gen

Beim Training im Was­ser herr­schen ande­re Bedin­gun­gen als an Land. Zu den wich­tigs­ten Fak­to­ren zäh­len der Was­ser­wi­der­stand, der Auf­trieb und Was­ser­druck. Das Was­ser kann qua­si als Trai­nings­part­ner mit posi­ti­ven Eigen­schaf­ten ange­se­hen wer­den. Beim Arbei­ten gegen den Was­ser­wi­der­stand, der bis zu 80-mal höher ist, wird die Mus­ku­la­tur ganz anders als an Land gefor­dert. Je schnel­ler man sich bewegt und je grö­ßer die Fron­tal­flä­chen sind, des­to höher wer­den der Wider­stand und der Trai­nings­ef­fekt. In Kom­bi­na­ti­on mit dem Wär­me­ver­lust bzw. der stän­di­gen Tem­pe­ra­tur­re­ge­lung geht man von einem fünf­mal höhe­ren Ener­gie­ver­brauch als beim Gehen aus, wes­halb der Kalo­rien­ver­brauch steigt. Sicher­lich kennt jeder die­ses star­ke Hun­ger­ge­fühl nach einem Besuch im Schwimm- oder Frei­bad, was sich durch den gestei­ger­ten Ener­gie­ver­brauch erklä­ren lässt. Außer­dem stär­ken die Anpas­sungs­vor­gän­ge an die vie­len Rei­ze im Was­ser das Immun­sys­tem.

Die Was­ser­dich­te ist deut­lich grö­ßer als an der Luft und wirkt als Gegen­spie­ler zur Erd­an­zie­hung. Der Auf­trieb hebt so die Schwer­kraft nahe­zu auf, wes­halb man sein Gewicht kaum spürt. Dies wie­der­um führt dazu, dass im Mas­ser Mus­keln, Seh­nen und Gelen­ke geschont wer­den, das Ver­let­zungs­ri­si­ko ist mini­mal. Dadurch kön­nen auch über­ge­wich­ti­ge oder schwan­ge­re Per­so­nen unbe­schwert, aber effek­tiv an ihrer Kraft und Aus­dau­er arbei­ten. Zur Ver­an­schau­li­chung: Ein 80-kilo­gramm schwe­rer Mensch wiegt im Was­ser gera­de ein­mal ein Zehn­tel, also acht Kilo­gramm.

Als drit­ter Fak­tor beim Training im Was­ser glänzt der Was­ser­druck mit posi­ti­ven Effek­ten auf das Herz-Kreis­lauf-Sys­tem, da der Druck auf den Brust­korb zunächst zu einer erleich­ter­ten Aus­at­mung und dadurch zu einer ver­tief­ten Atmung führt. Dies hat auch einen Trai­nings­ef­fekt auf die Atem­hilfs­mus­ku­la­tur. Außer­dem wir­ken vor­bei­strö­men­de Was­ser­mas­sen, die klei­ne Luft­bläs­chen ver­ur­sa­chen, wie eine sanf­te Mas­sa­ge. Durch den erhöh­ten Außen­druck auf die ober­fläch­li­chen Venen kommt es zu einer Ver­schie­bung des Blut­vo­lu­mens und zu einer Ver­rin­ge­rung der Herz­fre­quenz um zehn bis 20 Schlä­ge pro Minu­te. Die Durch­blu­tung in der Haut und im Kör­per wird ange­regt und die Mus­ku­la­tur bes­ser mit Sau­er­stoff ver­sorgt. Ins­ge­samt erhö­hen sich durch Aqua Fit­ness der Stoff­wech­sel und die Herz-Kreis­lauf-Kapa­zi­tät.

Das Training

Eine Aqua­fit­ness-Ein­heit soll­te aus einem Warm Up, einem Haupt­teil mit Übun­gen zur Mus­kel­kräf­ti­gung und Aus­dau­er­ver­bes­se­rung und einem Cool Down bestehen. Dabei kön­nen ver­schie­de­ne Tools wie Pool­nu­deln, ein Schwimm­brett, Aqua­hand­schu­he oder spe­zi­el­le Kurz­han­teln zum Ein­satz kom­men, die die Angriffs­flä­che und den Was­ser­wi­der­stand erhö­hen. Beim Erwär­men wird nicht nur das Herz-Kreis­lauf-Sys­tem ange­kur­belt, son­dern der Kör­per, die Gelen­ke und Mus­ku­la­tur kön­nen sich auch an das Was­ser und sei­ne Tem­pe­ra­tur gewöh­nen. Es emp­feh­len sich leich­te und eher lang­sa­me­re Bewe­gun­gen wie Gehen am Platz oder durch das Was­ser in alle Rich­tun­gen, hori­zon­ta­les Arm­krei­sen, klei­ne Kicks, Anfer­sen und Knie­he­belauf.

Bei den Kräf­ti­gungs­übun­gen im Haupt­teil kann gegen den Was­ser­wi­der­stand in allen denk­ba­ren Rich­tun­gen gear­bei­tet wer­den: Das Was­ser kann nach unten, nach oben, zur Sei­te und nach hin­ten gedrückt wer­den. Bei­spie­le sind der Side Leg Lift für die Bein­mus­ku­la­tur oder das Seit­he­ben der Arme. Bei Übun­gen für den Ober­kör­per soll­te dar­auf geach­tet wer­den, dass die Hän­de stets mit mög­lichst gro­ßer Angriffs­flä­che im Was­ser gegen die Bewe­gungs­rich­tung gehal­ten wer­den. Wie beim Fit­ness­trai­ning an Land haben sich drei Arbeits­sät­ze mit zwölf bis 15 Wie­der­ho­lun­gen pro Übung bewährt.

Nach dem Kräf­ti­gungs­teil soll­ten noch aus­dau­er­för­dern­de Übun­gen fol­gen. Denk­bar wären hier bei­spiels­wie­se „Frosch­sprün­ge“, bei denen die Knie beim Absprin­gen seit­lich nach oben geführt wer­den, schnel­ler Knie­he­belauf oder das „Fahr­rad­fah­ren“ am Becken­rand. Dazu hält man sich rück­lings mit aus­ge­brei­te­ten Armen am Becken­rand fest und radelt gegen den Was­ser­wi­der­stand. Ich emp­feh­le min­des­tens fünf Minu­ten bei stei­gen­der oder wech­seln­der Inten­si­tät.

Auf der Ziel­ge­ra­den

Zum Abschluss einer Aqua­fit­ness-Ein­heit kann man hier noch ein­mal alles geben, wobei dar­auf zu ach­ten ist, dass die Bei­ne und Füße unter­halb der Was­ser­ober­flä­che blei­ben. So stört man zum einen kei­ne ande­ren Bade­gäs­te und zum ande­ren pro­fi­tiert man eben nur unter Was­ser von den posi­ti­ven Was­ser­ei­gen­schaf­ten.

Das abschlie­ßen­de Cool Down kann ähn­lich wie bei nor­ma­len Fit­ness­work­outs mit Dehn­übun­gen gestal­tet wer­den. Die Hal­te­zeit soll­te aller­dings unter 30 Sekun­den blei­ben, da man sonst zu schnell aus­küh­len könn­te. Außer­dem kön­nen ent­spannt flie­ßen­de Bewe­gun­gen durchs Was­ser wie leich­te Arm­pen­del durch­ge­führt wer­den. Dadurch wer­den Herz­fre­quenz und Mus­kel­to­nus wie­der nor­ma­li­siert, es kann auch men­tal mit dem Training abge­schlos­sen wer­den und die Rege­ne­ra­ti­on wird bereits unter­stützt.

Nass, aber ohne Schwit­zen

Zusam­men­fas­send lässt sich sagen, dass Aqua­fit­ness eine tol­le Mög­lich­keit ist, den gesam­ten Kör­per zu trai­nie­ren und sei­ne all­ge­mei­ne Fit­ness zu ver­bes­sern. Mit einer Viel­zahl von Übun­gen und Anpas­sun­gen an indi­vi­du­el­le Bedürf­nis­se und Fähig­kei­ten ist Aqua Fit­ness für jeden geeig­net, unab­hän­gig von Alter oder Fit­ness­ni­veau. Neben den posi­ti­ven phy­si­schen Effek­ten spie­len der Spaß­fak­tor und das Gefühl der wort­wört­li­chen Unbe­schwert­heit eine gro­ße Rol­le. So trägt Aqua Fit­ness zur men­ta­len Gesund­heit und Stress­re­duk­ti­on bei. Spä­tes­tens im Urlaub soll­test du dem Training im Was­ser eine Chan­ce geben, wenn Fit­ness­ani­ma­teu­re unter lau­ter Musik die Gäs­te im Hotel­pool „zum Schwit­zen brin­gen“. Es macht gro­ßen Spaß und das Training im küh­len Nass ist deut­lich ange­neh­mer als im sti­cki­gen Hotel­gym oder in der som­mer­li­chen Hit­ze.

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