Pflan­zen­the­ra­pie

Es muss nicht immer Phar­ma sein: Mit den Heil­kräf­ten der Natur kannst du Schmer­zen und Bles­su­ren nach dem Trai­ning zu Lei­be rücken. Und mit einem Heil­kraut sogar dein Fit­ness-Pro­gramm opti­mie­ren.

Mit der Brenn­nes­sel hat schon jede und jeder von uns unlieb­sa­me Erfah­run­gen gemacht. Wie der Name schon sagt: Es brennt, wer es berührt. Doch für den Natur­heil­ver­ein Theo­phras­tus, die seit 20 Jah­ren die Natur­heil­pflan­ze des Jah­res kürt, kein Grund der bren­nen­den Pflan­ze nicht die Kro­ne auf­zu­set­zen. Denn für das Jahr 2022 wur­de von einer Exper­ten-Jury des Ver­eins die Brenn­nes­sel zur Pflan­ze des Jah­res gewählt. Begrün­dung der Juro­ren: Die­se „zutiefst ein­hei­mi­sche Pflan­ze ist so unge­heu­er viel­sei­tig nutz­bar“, wie der Vor­sit­zen­de der Jury, Heil­prak­ti­ker Kon­rad Jung­ni­ckel, weiß.

Was in dem Wie­sen­kraut steckt, hat das Bun­des­zen­trum für Ernäh­rung ver­mes­sen. So ste­cken in 100 Gramm cir­ca 4 Mil­li­gramm Eisen. Das deckt unge­fähr die Hälf­te des Tages­be­darfs von Män­nern und ein Drit­tel des Tages­be­darfs von Frau­en ab. Und da ist noch mehr Gutes in der Brenn­nes­sel drin: Kal­zi­um, Kali­um, Magne­si­um, Phos­phor, Vit­amin C, alle B‑Vitamine (außer B12) und Vit­amin K.

Die­ser Cock­tail an Mine­ra­li­en und Vit­ami­nen hilft gegen vie­le Beschwer­den: Er bringt den Kreis­lauf in Schwung, sorgt für schö­nes Haar und gesun­de Haut, stärkt das Erin­ne­rungs­ver­mö­gen und kur­belt die Blut­bil­dung an. Aber auch wer regel­mä­ßig trai­niert, kann von dem Wald- und Wie­sen­kraut pro­fi­tie­ren. Denn die Brenn­nes­sel hat sich auch als tra­di­tio­nel­les Heil­mit­tel gegen Rheu­ma und schmer­zen­de Gelen­ke bewährt. Schon Theo­phras­tus Bom­bas­tus von Hohen­heim, bes­ser bekannt als Para­cel­sus, wuss­te über das Heil­kraut zu berich­ten, dass „wenn man sie kocht und mit Pfef­fer oder Ing­wer mischt und auf­legt, dies bei Gelenk­schmer­zen“ hilft. Rich­tig erkannt, wie heu­te die Wis­sen­schaft weiß: Bestimm­te Stof­fe in den Brenn­haa­ren wir­ken schmerz­lin­dernd, wär­mend und durch­blu­tungs­för­dernd. Zum Glück gibt es in Apo­the­ken und Reform­häu­sern fer­ti­ge Brenn­nes­sel-Pro­duk­te als Heil­säf­te, Tee oder in Tablet­ten­form. Ganz Muti­ge grei­fen direkt zur Pflan­ze und rei­ben damit die schmer­zen­den Stel­len ein – nach dem Prin­zip Schmerz gegen Schmerz. Doch wenn der eine Schmerz nach­lässt, folgt der ande­re dann oft gleich mit.

Hel­fen­de Kräu­ter

Bein­well
Doch nicht nur die Brenn­nes­sel kann manch­mal Wun­der bei schmerz­ge­plag­ten Trai­nie­ren­den Wun­der voll­brin­gen, auch ande­re Heil­kräu­ter kön­nen hel­fen. Bei Kno­chen­schmer­zen und Seh­nen­rei­zun­gen zum Bei­spiel der Bein­well. Bein­well trägt zur Lin­de­rung schmer­zen­der Seh­nen, Bän­der und Kno­chen­haut bei. Für die Wund­hei­lung ist vor allem das ent­hal­te­ne All­an­toin ver­ant­wort­lich, Gerb­stof­fe hem­men Ent­zün­dun­gen. Aller­dings: Wegen der ent­hal­te­nen Pyr­ro­li­zi­d­in-Alka­lo­ide (gel­ten u. a. als krebs­er­re­gend und leber­to­xisch) soll­test du Bein­well nicht selbst sam­meln. Siche­rer sind Fer­tig­prä­pa­ra­te wie Sal­ben und Kom­pres­sen aus der Apo­the­ke.

Kohl
Bei dem oft unver­hofft nach einem aus­gie­bi­gen Kraft­trai­ning auf­tre­ten­den Ten­nis­arm kann der gemei­ne Kohl hel­fen. Wis­sen­schaft­ler füh­ren die Wir­kung auf die ent­zün­dungs­hem­men­de Inhalts­stof­fe Fla­vo­no­ide und Gly­ko­si­no­lat zurück. Nicht nur bei einem Ten­nis­arm (chro­nisch über­be­an­spruch­tes Ellen­bo­gen­ge­lenk) son­dern auch beim klas­si­schen Mus­kel­ka­ter ver­schaf­fen Kohl­wi­ckel Küh­lung und Schmerz­lin­de­rung. Kohl­wi­ckel kannst du leicht selbst her­stel­len: Dafür die dicken Mit­tel­rip­pen von Weiß­kohl- oder Wir­sing­kohl­blät­tern ent­fer­nen, dann die Blät­ter in einem erwärm­ten Tuch klop­fen oder wal­zen, bis der Pflan­zen­saft aus­tritt. Das Tuch dann mit den Blät­tern auf die schmer­zen­den Par­tien legen und am bes­ten mit einem Ver­band fixie­ren. Min­des­tens zwei Stun­den wir­ken las­sen.

Arni­ka
Bei Ver­stau­chun­gen, Zer­run­gen oder Blut­ergüs­sen ist die Arni­ka schon für vie­le ein ver­trau­tes Heil­mit­tel. Die Blü­ten der Pflan­ze, die auch unter dem Namen Berg­wohl­ver­leih bekannt ist, sind ein bewähr­tes schmerz­lin­dern­des Mit­tel bei stump­fen Ver­let­zun­gen. Ihre Inhalts­stof­fe, u.a. Fla­vo­no­ide, Phe­nol­car­bon­säu­ren und Cuma­ri­ne, haben eine ent­zün­dungs­hem­men­de, des­in­fi­zie­ren­de und schmerz­stil­len­de Wir­kung. Aber nicht ein­fach am Weges­rand pflü­cken, denn der wild wach­sen­de Arni­ka steht unter Natur­schutz. Getrock­net ist sie aber in Apo­the­ken erhält­lich. Für Auf­güs­se nimmst du 2 g Blü­ten und über­gießt sie mit 100 ml hei­ßem Was­ser. Die­se Tink­tur seihst du nach 6 bis 8 Minu­ten ab. Den erkal­te­ten Auf­guss kannst du dann für küh­len­de Umschlä­ge ver­wen­den. Ach­tung: Bei All­er­gie gegen Korb­blüt­ler oder offe­nen Wun­den bes­ser nicht ver­wen­den.

Ros­ma­rin
Bei aku­ten Schwel­lun­gen hilft auch Ros­ma­rin. Wer mal unglück­lich auf­tritt oder sich falsch abge­stützt hat, kann sich schon das Hand- oder Fuß­ge­lenk ver­staucht haben. Ros­ma­rin wirkt dann durch­blu­tungs­för­dernd und kann Schmer­zen und Schwel­lun­gen rasch lin­dern. Wer nicht in der Apo­the­ke zur vor­ge­mix­ten Tink­tur grei­fen will, kann selbst eine her­stel­len. Hier unser Rezept zum Sel­ber­ma­chen: 5 g fri­schen Ros­ma­rin mit 100 g Alko­hol (70%) in ein brau­nes Apo­the­ker­fläsch­chen geben. 4 Wochen dun­kel lagern, dann fil­tern. Bei Bedarf die Tink­tur auf ein Tuch in Ros­ma­rin­tee tröp­feln und auf­le­gen. Mobi­li­siert auch neue Kräf­te bei müden, stark bean­spruch­ten Bei­nen.

Gän­se­blüm­chen
Du bist bei Work­out mit dem Fuß umge­knickt? Dann hel­fen Gän­se­blüm­chen. Die geschwol­le­ne Stel­le am bes­ten mit zer­rie­be­nen Gän­se­blüm­chen mas­sie­ren. Der Fuß schwillt in Fol­ge weni­ger stark an, da die Gerb­stof­fe in den Blu­men die Ein­blu­tung ins Gewe­be stop­pen. Nicht umsonst sind in eini­gen Sport­gels auch Gän­se­blüm­chen ent­hal­ten.

Cayenne­pfef­fer
Der Cayenne­pfef­fer leis­tet bei ver­spann­ten Mus­keln gute Diens­te. Die dar­in ent­hal­te­nen Scharf­stof­fe rei­zen die Haut, was ört­lich zu einer ver­stärk­ten Durch­blu­tung führt. Man fühlt, wie das Gewe­be warm wird, und die­se Wär­me strahlt wohl­tu­end in die dar­un­ter­lie­gen­de Mus­ku­la­tur aus. Die­se Heil­pflan­ze wirkt hier als soge­nann­tes Coun­ter­ir­ri­tans: Er ver­ur­sacht einen leich­ten Schmerz- und Wär­me­reiz auf der Haut und lenkt so von den eigent­li­chen Schmer­zen oder dem Juck­reiz ab. Und das lin­dert dann die Beschwer­den. Aber Ach­tung: der Cayenne­pfef­fer reizt bereits in kleins­ten Men­gen die Schleim­häu­te (vor allem die der Augen) und löst ein schmerz­haf­tes Bren­nen aus. Ver­mei­de daher unbe­dingt den Kon­takt mit Schleim­häu­ten, indem du nach dem Auf­tra­gen gründ­lich die Hän­de mit Sei­fe wäschst. Noch bes­ser ist es, du trägst Schutz­hand­schu­he, wenn du Cayenne­pfef­fer-Prä­pa­ra­te anwen­dest. Und: Ver­wen­de Cayenne­pfef­fer nie­mals auf geschä­dig­ter Haut.

Kamil­le
Manch einen schlägt ein sehr inten­si­ves Trai­ning auf den Magen. Da hilft bekann­ter­ma­ßen die Kamil­le. Die Pflan­ze mit ihren gold­gel­ben, hoh­len Blü­ten­köpf­chen wird inner­lich ange­wen­det und wirkt krampf­lö­send. Für einen fri­schen Kamil­len­tee brauchst du 2 EL Kamil­len­blü­ten (z.B. aus dem Reform­haus oder der Apo­the­ke), die du mit 250 ml hei­ßem Was­ser auf­gießt. Zehn Minu­ten zie­hen las­sen und nach Belie­ben mit Honig süßen.

Die regel­mä­ßi­ge Ein­nah­me von Rosen­wurz-Extrakt senkt außer­dem die Lac­tat-Kon­zen­tra­ti­on im Blut und redu­ziert die Schä­den an der Ske­lett­mus­ku­la­tur durch inten­si­ve Trai­nings­ein­hei­ten.
Für den bekann­ten Sport­wis­sen­schaft­ler Dr. Wolf­gang Feil, der nähr­stoff­me­di­zi­nisch unter ande­rem die deut­sche Hand­ball-Natio­nal­mann­schaft und das Fuß­ball-Bun­des­li­ga-Team der TSG Hof­fen­heim berät, ist die Rosen­wurz „der Stoff, aus dem Gold­me­dail­len sind.“

Abbil­dung: Anna Ok / shutterstock.com
Quel­le: shape UP Fit­ness 5/2022