Zum Hulk wer­den

Für die meis­ten sport- und fit­ness­be­geis­ter­ten Men­schen ist das The­ma Ami­no­säu­ren ein Begriff, da sie wich­ti­ge Auf­ga­ben, ins­be­son­de­re für den Mus­kel­auf­bau, haben. Hier­bei gal­ten lan­ge Zeit die ver­zweigt­ket­ti­gen Ami­no­säu­ren (BCAAs) als eines der bes­ten Nah­rungs­er­gän­zungs­mit­tel für Sport­ler zur Unter­stüt­zung des Mus­kel­auf­baus. Im Ver­gleich dazu stel­len die essen­zi­el­len Ami­no­säu­ren (EAAs) wohl eine bes­se­re Alter­na­ti­ve für Auf­bau­pro­zes­se im Kör­per dar.

Essen­zi­el­le Ami­no­säu­ren, sind wie der Name schon sagt, für unse­ren Kör­per lebens­not­wen­dig und müs­sen durch Lebens­mit­tel oder geeig­ne­te Nah­rungs­er­gän­zungs­mit­tel auf­ge­nom­men wer­den. Sie spie­len unter ande­rem beim Mus­kel­auf­bau und bei der Unter­stüt­zung natür­li­cher Stoff­wech­sel­pro­zes­se eine ent­schei­den­de Rol­le. Gera­de die Ver­füg­bar­keit der acht essen­zi­el­len Ami­no­säu­ren ist hier­bei unbe­dingt zu berück­sich­ti­gen.

Für ein bes­se­res Ver­ständ­nis die­ser kom­ple­xen The­ma­tik gilt es, sich zunächst einen Über­blick über das The­ma Ami­no­säu­ren zu ver­schaf­fen. Ami­no­säu­ren sind orga­ni­sche Mole­kü­le und die Grund­bau­stei­ne der Eiwei­ße (Pro­te­ine) in unse­rem Kör­per. Sie spie­len eine wich­ti­ge Rol­le für Stoff­wech­sel und Pro­te­in­haus­halt, denn ohne die­se kön­nen im mensch­li­chen Orga­nis­mus fast kei­ne Pro­zes­se ablau­fen. Dazu gehört zum Bei­spiel die Bil­dung von Zel­len und Gewe­be, aber auch deren Funk­ti­on als Ener­gie­lie­fe­ran­ten.

Man­che Ami­no­säu­ren kann der Kör­per nicht selbst her­stel­len, das heißt sie müs­sen mit der Nah­rung auf­ge­nom­men wer­den und gel­ten des­we­gen als essen­zi­el­le Ami­no­säu­ren. EAA steht somit für „essen­ti­al ami­no acid“. Eine zu gerin­ge Zufuhr wirkt sich unter ande­rem nega­tiv auf den Mus­kel­auf­bau und eine opti­ma­le Rege­ne­ra­ti­on aus. Neben den essen­zi­el­len Ami­no­säu­ren gibt es auch nicht-essen­zi­el­le oder semi-essen­zi­el­le Ami­no­säu­ren. Die­se kann der Kör­per selbst syn­the­ti­sie­ren, das heißt sie müs­sen nicht regel­mä­ßig über die Nah­rung zuge­führt wer­den.

Wel­che EAAs gibt es?

In der Natur unter­schei­det man zwi­schen meh­re­ren hun­dert Ami­no­säu­ren, die aber teil­wei­se bei der Pro­te­in­syn­the­se kei­ne Rol­le spie­len. Wich­ti­ger hier­für sind die über 20 pro­te­in­oge­nen (Pro­te­ine erzeu­gen­den) Bau­stei­ne, die der mensch­li­che Orga­nis­mus für die Syn­the­se kör­per­ei­ge­ner Eiwei­ße benö­tigt. Alle pro­te­in­oge­nen Ami­no­säu­ren tra­gen eine Ami­no­grup­pe und lie­gen in einer L‑Form vor. Von den über 20 pro­te­in­oge­nen Bau­stei­nen, die der Kör­per für die Syn­the­se benö­tigt, sind, wie bereits erwähnt, acht essen­zi­ell.

Die­se Ami­no­säu­ren kön­nen auch durch pro­te­in­rei­che Mahl­zei­ten auf­ge­nom­men wer­den. Es ist also nicht zwin­gen­der­wei­se ein oral zuge­führ­tes Sup­ple­ment nötig, um ihren Bedarf zu decken. Qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge, pro­te­in­rei­che Lebens­mit­tel sind zum Bei­spiel Fisch, Fleisch, Milch­pro­duk­te, Eier, Mager­quark und Hül­sen­früch­te. Abhän­gig vom Kör­per­ge­wicht und der Trai­nings­in­ten­si­tät reicht eine täg­li­che Zufuhr von 10 bis 15 Gramm EAAs aus.

Wir­kung von EAAs auf die Mus­ku­la­tur

Vie­le Sport­ler und Sport­le­rin­nen, ins­be­son­de­re im Kraft­sport­be­reich, haben einen erhöh­ten Bedarf an essen­zi­el­len Ami­no­säu­ren, denn die­se sind essen­zi­ell für den Auf­bau von Mus­kel­struk­tu­ren. In Stu­di­en konn­te fest­ge­stellt wer­den, dass eine Auf­nah­me von essen­zi­el­len Ami­no­säu­ren in Zusam­men­hang mit Kraft­trai­ning zu einem erkenn­ba­ren Kraft­zu­wachs führt. Hier muss die Ami­no­säu­re L‑Leucin beson­ders her­vor­ge­ho­ben wer­den, denn die­se hat eine star­ke Wir­kung auf den Mus­kel­auf­bau, da sie das Pro­te­in mTOR akti­viert. Das Pro­te­in mTOR ist in unse­rem Orga­nis­mus unter ande­rem dafür ver­ant­wort­lich, dass die Pro­te­in­bio­syn­the­se ange­kur­belt wird. Bei der Pro­te­in­syn­the­se han­delt es sich ganz ein­fach um die Her­stel­lung eines Pro­te­ins oder Poly­pep­tids in unse­rem Orga­nis­mus. Läuft also die Pro­te­in­syn­the­se auf Hoch­tou­ren bezie­hungs­wei­se ist die­se gestei­gert, kön­nen Sport­ler deut­lich mehr Mus­keln auf­bau­en.

Wir­kung auf Kat­abo­lis­mus und Kör­per­kom­po­si­ti­on

Neben den posi­ti­ven Effek­ten auf den Mus­kel­auf­bau zei­gen Stu­di­en, dass ein höhe­rer EAA-Gehalt der Mahl­zei­ten invers mit dem pro­zen­tua­len Anteil von abdo­mi­na­len Fett kor­re­liert. Die Gabe von EAAs sorgt inter­es­san­ter­wei­se auch für einen ver­bes­ser­ten Glu­ko­se­trans­port in der Ske­lett­mus­ku­la­tur. Im Umkehr­schluss lässt dies ver­mu­ten, dass EAA-rei­che Mahl­zei­ten die Reduk­ti­on von Kör­per­fett stär­ker begüns­ti­gen als Mahl­zei­ten mit einem nied­ri­gen EAA-Gehalt.

Wei­te­re Stu­di­en zei­gen, dass eine erhöh­te Zufuhr von essen­zi­el­len Ami­no­säu­ren mit einem gro­ßen Anteil an L‑Leucin einen unmit­tel­ba­ren Ein­fluss auf die Mus­kel­mas­se­re­ten­ti­on haben. Das heißt die Gabe von EAAs zeigt einen bes­se­ren Mus­kel­schutz im direk­ten Ver­gleich zu einer gemisch­ten Gabe von essen­zi­el­len und nicht essen­zi­el­len Ami­no­säu­ren.

Unter­schied BCAA und EAA

Der Unter­schied zwi­schen BCAAs und EAAs ist rela­tiv ein­fach zu erklä­ren. Bei BCAA-Pro­duk­ten han­delt es sich übli­cher­wei­se nur um drei der acht essen­zi­el­len Ami­no­säu­ren, Leu­cin, Iso­leu­cin und Valin.

Somit haben BCAAs einen gerin­ge­ren Ami­no­säu­r­e­pool als EAAs. Für eine opti­ma­le Mus­kel­pro­te­in­bio­syn­the­se braucht es aber alle essen­zi­el­len Ami­no­säu­ren. BCAAs decken hier nur einen Teil davon ab, somit lie­gen kei­ne opti­ma­len Bedin­gun­gen vor. Abschlie­ßend kann also gesagt wer­den, dass im direk­ten Ver­gleich EAAs oder Whey-Pro­te­ine zu bevor­zu­gen sind, da alle essen­zi­el­len Ami­no­säu­ren bei Auf­bau­pro­zes­sen, für ein gesun­des Immun­sys­tem und für den Stoff­wech­sel eine wich­ti­ge Rol­le spie­len.

EAAs – das Fazit

Neben der posi­ti­ven Wir­kung von EAAs auf den Kraft- und Mus­kel­auf­bau, die Rege­ne­ra­ti­on und den Kat­abo­lis­mus gibt es selbst­ver­ständ­lich noch wei­te­re Grün­de für die geziel­te Auf­nah­me von EAAs. So wird zum Bei­spiel die Ami­no­säu­re L‑Tryptophan zu dem Neu­ro­trans­mit­ter und Glücks­hor­mon Sero­to­nin und dem Schlaf­hor­mon Mela­to­nin umge­wan­delt. Somit hat L‑Tryptophan einen direk­ten Ein­fluss auf unse­ren Schlaf-Wach-Rhyth­mus und kann wie ein natür­li­cher Stim­mungs­auf­hel­ler wir­ken. Ein wei­te­rer Vor­teil von EAAs liegt in der Tat­sa­che, dass der Kör­per in der Lage ist, aus den essen­zi­el­len Ami­no­säu­ren die nicht-essen­zi­el­len – und somit alle funk­tio­nel­len – Pep­ti­de (orga­ni­sche Ver­bin­dun­gen zwi­schen Ami­no­säu­ren). Dabei wer­den lan­ge Poly­pep­tid­ket­ten als Pro­te­ine bezeich­net, die durch Pro­te­in­bio­syn­the­se gebil­det wer­den.

Ob man nun sei­nen Bedarf an Ami­no­säu­re über die Ernäh­rung oder mit einem Sup­ple­ment deckt, bleibt jedem selbst über­las­sen. Wenn die Ernäh­rung jedoch nicht aus­ge­wo­gen genug ist oder ist das Trai­nings­vo­lu­men sehr hoch, kann es zu einer Unter­ver­sor­gung mit einer oder meh­re­ren EAAs kom­men. Es ist also enorm wich­tig, eine kon­ti­nu­ier­li­che Ver­sor­gung des Kör­pers mit allen essen­zi­el­len und unter bestimm­ten Bedin­gun­gen semi-essen­zi­el­len Ami­no­säu­ren zu gewähr­leis­ten. Eine Nah­rungs­er­gän­zung mit einem Whey-Pro­te­in oder einem EAA-Pro­dukt kann also gera­de für sport­lich akti­ve Men­schen sinn­voll sein, um kat­abo­le Zustän­de zu mini­mie­ren. Es emp­fiehlt sich eine Ein­nah­me kurz vor, wäh­rend oder nach einer Trai­nings­ein­heit. Da es sich bei Ami­no­säu­ren um für den Kör­per frei ver­füg­ba­re Eiweiß­bau­stei­ne han­delt, kön­nen die­se ohne direk­te Umwe­ge vom Kör­per auf­ge­nom­men und ver­ar­bei­tet wer­den.

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