Mus­cle-Mind-Con­nec­tion

Wenn dein Fokus im Trai­ning bis­her auf der Mus­kel- und Kraft­ent­wick­lung lag, dann akti­vie­re jetzt auch dei­nen Geist: Die Mus­cle-Mind-Con­nec­tion soll der Schlüs­sel zu bes­se­ren Trai­nings­er­fol­gen sein und durch die Kraft der Gedan­ken die Kör­per­wahr­neh­mung sowie Mus­kel­ko­or­di­na­ti­on und damit den Leis­tungs­fort­schritt stär­ken.

Die Mus­cle-Mind-Con­nec­tion ist die Ver­bin­dung zwi­schen Kör­per und Geist und soll sich gezielt durch Trai­ning ver­bes­sern las­sen. Jede Bewe­gung, die unser Kör­per aus­führt, beginnt mit einem Impuls. Die­ser Impuls kommt von den Sin­nes­or­ga­nen, zum Bei­spiel über die Wahr­neh­mung der Haut, wel­cher vom Gehirn ver­ar­bei­tet und in Form von einer Reak­ti­on an die Mus­keln wei­ter­ge­lei­tet wird. Das per­fek­te Zusam­men­spiel zwi­schen Gehirn, Rücken­mark und Mus­keln des mensch­li­chen Kör­pers ver­lei­hen uns die Mög­lich­keit, kom­ple­xe Bewe­gungs­ab­läu­fe zu erler­nen und zu auto­ma­ti­sie­ren.

Fokus

Der Auf­merk­sam­keits­fo­kus ist ein aner­kann­ter Aspekt des moto­ri­schen Ler­nens und sei­ne Ver­wen­dung hat wich­ti­ge Aus­wir­kun­gen auf den Sport. Er bezieht sich auf die Gedan­ken, wäh­rend eine bestimm­te Bewe­gung oder Akti­vi­tät aus­ge­führt wird. Dabei wer­den der inter­ne und der exter­ne Fokus unter­schie­den. Bei einem inter­nen Fokus rich­tet die Per­son ihre Gedan­ken auf die Kör­per­be­we­gung und könn­te zum Bei­spiel bei einer Knie­beu­ge dar­in bestehen, bei der Aus­füh­rung die Gesäß­mus­keln anzu­span­nen. Bei einem exter­nen Fokus hin­ge­gen kon­zen­triert sich die Auf­merk­sam­keit des Trai­nie­ren­den auf die Umge­bung und zeich­net sich bei einer Knie­beu­ge durch das Weg­drü­cken des Bodens vom Kör­per aus.

For­schung

Laut Stu­di­en­ergeb­nis­sen soll­te der Auf­merk­sam­keits­fo­kus dem Ziel der Auf­ga­be ent­spre­chen. Leis­tungs­sport­ler im Trai­ning und wäh­rend Spie­len oder Wett­kämp­fen wird dem­nach emp­foh­len, die Auf­merk­sam­keit stark auf den exter­nen Fokus zu rich­ten. Dies gilt zum Bei­spiel für Bas­ket­ball­spie­ler oder Leicht­ath­le­ten, die die Sprung­hö­he oder ‑wei­te maxi­mie­ren wol­len; Läu­fer oder Rude­rer, die die Öko­no­mie ver­bes­sern wol­len; und Dart­spie­ler, Gol­fer und Bil­lard­spie­ler, die maxi­ma­le Genau­ig­keit errei­chen wol­len. Wenn man hin­ge­gen ver­sucht, die Mus­kel­ak­ti­vie­rung zu maxi­mie­ren, scheint ein inter­ner Fokus der Auf­merk­sam­keit die bes­se­re Wahl zu sein. Body­buil­der und Kraft­sport­ler, die eine maxi­ma­le Hyper­tro­phie anstre­ben, kön­nen davon pro­fi­tie­ren, wenn sie sich wäh­rend einer Übung auf den Ziel­mus­kel kon­zen­trie­ren und nicht auf das Ergeb­nis oder die Umge­bung. Die Aus­wir­kun­gen die­ser Stra­te­gie schei­nen beson­ders vor­teil­haft zu sein, wenn mit rela­tiv leich­ten Las­ten trai­niert wird.

Zwei wei­te­re Stu­di­en geben Hin­wei­se bezüg­lich der gedank­li­chen Fokus­sie­rung im Kraft­trai­ning hin­sicht­lich der Mus­kel­ak­ti­vie­rung und Mus­kel­hy­per­tro­phie. In der Stu­die wur­den die 23 Pro­ban­den in zwei Grup­pen auf­ge­teilt. Bei­de Grup­pen soll­ten zehn Wie­der­ho­lun­gen von einem Satz Bein­stre­cken durch­füh­ren. Die ers­te Grup­pe wur­de dazu auf­ge­for­dert, die Übung mög­lichst fokus­siert aus­zu­füh­ren, die zwei­te mit so viel Gewicht wie mög­lich. Das Ergeb­nis zeig­te, dass die Mus­kel­ak­ti­vie­rung der ers­ten Grup­pe wesent­lich höher war und die zwei­te Grup­pe nicht mehr Gewicht heben konn­te als die ers­te.

In einer wei­te­ren Arbeit ging es um die Aus­wir­kun­gen eines inter­nen ver­sus exter­nen Auf­merk­sam­keits­fo­kus, wäh­rend eines Wider­stands­trai­nings auf die mus­ku­lä­ren Adap­t­atio­nen. 30 untrai­nier­te Män­ner wur­den nach dem Zufalls­prin­zip einer inter­nen Fokus­grup­pe, die sich auf die Kon­trak­ti­on des Ziel­mus­kels wäh­rend des Trai­nings kon­zen­trier­te, oder einer exter­nen Fokus­grup­pe, die sich auf das Ergeb­nis des Hebens kon­zen­trier­te, zuge­teilt. Das Trai­ning für bei­de Grup­pen bestand aus drei wöchent­li­chen Ein­hei­ten, die acht Wochen lang an nicht auf­ein­an­der­fol­gen­den Tagen durch­ge­führt wur­den. Die Pro­ban­den führ­ten vier Sät­ze mit acht bis 12 Wie­der­ho­lun­gen pro Übung aus. Ver­än­de­run­gen der Mus­kel­di­cke im Bizeps und Qua­dri­zeps wur­den mit­tels Ultra­schall beur­teilt. Die Ergeb­nis­se zei­gen eine signi­fi­kant grö­ße­re Zunah­me der Dicke des Bizeps bei der inter­nen Fokus­sie­rung im Ver­gleich zur exter­nen (12,4 Pro­zent bzw. 6,9 Pro­zent). Die Ergeb­nis­se unter­stüt­zen die Ver­wen­dung einer Geist-Mus­kel-Ver­bin­dung zur Ver­bes­se­rung der Mus­kel­hy­per­tro­phie. 

Bekannt ist außer­dem, dass sich kör­per­li­che Akti­vi­tät posi­tiv auf das Hirn­vo­lu­men, die Hirn­leis­tungs­fä­hig­keit (z. B. in Form kogni­ti­ver Fähig­kei­ten) und die Prä­ven­ti­on neu­ro­de­ge­ne­ra­ti­ver Erkran­kun­gen aus­wirkt. In Abhän­gig­keit von Belas­tungs­art, Dau­er und Inten­si­tät wird die Pro­duk­ti­on und Aus­schüt­tung von Neu­ro­mo­du­la­to­ren, Neuro­pep­tiden oder Neu­ro­hor­mo­nen beein­flusst, die unter ande­rem die Gedächt­nis­leis­tung und Lern­pro­zes­se anre­gen. Die Aus­schüt­tung von Dopa­min, vor allem aus Neu­ro­nen im Mit­tel­hirn, hat außer­dem einen fun­da­men­ta­len Ein­fluss auf die Wahr­neh­mung, Emo­tio­nen und moto­ri­sche Eigen­schaf­ten. Zusam­men­ge­fasst sind die Vor­tei­le einer guten Mus­cle-Mind-Con­nec­tion wie folgt:

  • Sie unter­stützt die Mus­kel­ak­ti­vie­rung.
  • Sie führt zu einer Ver­bes­se­rung der Mus­kel­hy­per­tro­phie.
  • Sie för­dert die Kör­per­wahr­neh­mung und Mus­kel­ko­or­di­na­ti­on.
  • Sie bringt Kör­per und Geist in Ein­klang.
  • Sie kann Asym­me­trien aus­glei­chen.

Trai­ning für eine star­ke Mus­cle-Mind-Con­nec­tion

Die Wirk­sam­keit von Ent­span­nungs­ver­fah­ren bezüg­lich einer posi­ti­ven Kör­per­wahr­neh­mung ist wis­sen­schaft­lich belegt. Daher liegt es nahe, die­se Tech­ni­ken gezielt zur Stär­kung der Mus­cle-Mind-Con­nec­tion ein­zu­set­zen und den Fokus im Trai­ning zu erhö­hen. Es eige­nen sich bei­spiels­wei­se Neu­ro­bics-Übun­gen, auto­ge­nes Trai­ning, Acht­sam­keits­übun­gen wie der Bodyscan, und regel­mä­ßi­ge Medi­ta­ti­on.

Soge­nann­te Neu­ro­bics-Übun­gen durch­bre­chen die Rou­ti­nen im All­tag und bezie­hen alle fünf Sin­ne des Men­schen in das Trai­ning mit ein. Bei­spie­le hier­für sind „blin­des“ Duschen, wäh­rend­des­sen man in die Mus­keln hin­ein­spürt und das Was­ser auf der Haut wahr­nimmt oder wenn man leich­te Tätig­kei­ten, statt mit der gewohn­ten Hand, mit der ande­ren aus­führt. Ein geziel­tes Trai­ning bei­der Sei­ten kann so durch eine inten­si­ve geis­ti­ge Mus­kel­ver­bin­dung Asym­me­trien aus­glei­chen. Im Bereich der För­de­rung mit Kin­dern wer­den dies­be­züg­lich psy­cho­mo­to­ri­sche Übun­gen durch­ge­führt. Die­se Übun­gen schu­len gezielt das Sozi­al­ver­hal­ten, die Moto­rik, den Gleich­ge­wichts­sinn und die Koor­di­na­ti­on.

Auto­ge­nes Trai­ning ist eine Ent­span­nungs­me­tho­de, die auf Auto­sug­ges­ti­on basiert, also eine selbst gesteu­er­te Ent­span­nung. Mit­hil­fe des auto­ge­nen Trai­nings las­sen sich Kör­per­funk­tio­nen wie Puls­schlag, Durch­blu­tung und Atmung beein­flus­sen sowie die all­ge­mei­ne kör­per­li­che und geis­ti­ge Leis­tungs­fä­hig­keit stei­gern. Das Prin­zip des auto­ge­nen Trai­nings lässt sich ver­ein­facht mit fol­gen­der Übung erklä­ren: Stel­le dir eine Zitro­ne vor, die du in dei­ner Hand hältst. Betrach­te die gold­gel­be Scha­le mit den klei­nen Poren auf der Ober­flä­che. Nimm ein Mes­ser und schnei­de die Zitro­ne auf. Bli­cke auf die Schnitt­flä­che und sieh den Saft her­aus­lau­fen, spü­re, wie der Saft über dei­ne Fin­ger fließt. Schnei­de eine hal­be Schei­be aus der Zitro­ne her­aus, füh­re sie zum Mund und bei­ße hin­ein. Durch die blo­ße gedank­li­che Vor­stel­lung wird bereits eine kör­per­li­che Reak­ti­on her­vor­ge­ru­fen.

Der Bodyscan ist eine Acht­sam­keits­übung, bei der die Auf­merk­sam­keit nach­ein­an­der auf ver­schie­de­ne Berei­che des lie­gen­den Kör­pers gerich­tet wird. Es geht dabei dar­um, den Kör­per und die damit ver­bun­de­nen Gefüh­le und Emo­tio­nen wahr­zu­neh­men. Es ist wie ein inne­res Abtas­ten des Kör­pers. Der Bodyscan stärkt so nicht nur die Mus­cle-Mind-Con­nec­tion, son­dern ver­bes­sert auch das Wahr­neh­men von Kör­per­emp­fin­dun­gen. Eine fokus­sie­ren­de Medi­ta­ti­on zu Beginn des Trai­nings kann die men­ta­le Vor­be­rei­tung unter­stüt­zen, die Auf­merk­sam­keit auf den eige­nen Kör­per len­ken und die Kon­zen­tra­ti­ons­fä­hig­keit stei­gern. Dazu rei­chen bereits weni­ge Minu­ten einer medi­ta­ti­ven Pra­xis.

Zusam­men­fas­sung

Die Mus­cle-Mind-Con­nec­tion ist das Bin­de­glied zwi­schen Kör­per und Geist. Die Auf­merk­sam­keit soll­te sport­art­spe­zi­fisch auf den exter­nen oder inter­nen Fokus gerich­tet wer­den. Es gibt Stu­di­en, die Hin­wei­se dar­auf geben, dass ein inter­ner Fokus im Kraft­trai­ning die Mus­kel­ak­ti­vie­rung unter­stützt, zu einer Ver­bes­se­rung der Mus­kel­hy­per­tro­phie führt und die Kör­per­wahr­neh­mung sowie Mus­kel­ko­or­di­na­ti­on för­dert. Acht­sam­keits­übun­gen und regel­mä­ßi­ge Medi­ta­ti­on kön­nen die Mus­cle-Mind-Con­nec­tion stär­ken und den Fokus im Trai­ning erhö­hen.

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