In den 1980er Jahren war Fett verpönt. Da es uns dick machte, war es unbeliebt und fettarme Produkte hatten Hochsaison. In der Zwischenzeit wissen wir wesentlich mehr über das Thema und können mit gutem Wissen behaupten, dass Fett nicht gleich Fett ist. Auf jeden Fall ist der Nährstoff Fett lebenswichtig. Welche Fettsäuren regelmäßig und in welcher Menge in den Speiseplan gehören, und welche nur in geringem Mengen verzehrt werden sollten, klärt dieser Beitrag.
Fett ist der Nährstoff mit der höchsten Energiedichte. Ein Gramm entspricht neun Kalorien. Als Energielieferant sind Fette jedem bekannt, der bereits eine ketogene Diät gemacht hat. Sie fungieren als einer der Hauptenergiespeicher für den Organismus und sind eine wichtige Energiereserve, die bei längeren Hungerphasen angegriffen wird. Als Fettspeicher macht das Depotfett bei normalgewichtigen Personen circa zehn Kilogramm aus und befindet sich zum Teil im Unterhautfettgewebe. Es übernimmt essenzielle Aufgaben, wie z. B. als wesentlicher Bestandteile der Zellmembran und auch im Gehirn ist eine relativ große Menge an Strukturfett gespeichert.
Lipide sind eine eher heterogene Gruppe, bestehend aus Fetten und fettähnlichen Substanzen. Man unterscheidet die einfachen Fette (Neutralfette), die komplexen Fette (Lipoide) und die Fettbegleitstoffe (Fettderivate), wie z. B. das Cholesterin.
Warum frieren dünne Menschen eher als jemand, der mehr Masse mit sich trägt? Der Grund liegt in der Wärmeschutzfunktion des Fettes. Im Unterhautfettgewebe bildet es eine Isolierschicht und schützt vor Wärmeverlusten über die Haut. Weiterhin haben Bestandteile dieser Fettschicht die Funktion, Wasser aufzunehmen und damit die Austrocknung der Haut zu verhindern. Unsere inneren Organe, wie Gehirn und Nieren sind ebenfalls durch eine Fettschicht vor mechanischen Einflüssen geschützt.
Genau dort, nämlich im Unterhautfettgewebe, dient es als Speicher für fettlösliche Vitamine. Dort befinden sich Vorstufen von Vitamin D, aus denen unter UV-Einstrahlung Vitamin D3 entsteht. Auch das Immunsystem wird durch die Anwesenheit von Fetten beeinflusst (Immunmodulation). Für die Gesunderhaltung des Körpers sind bestimmte Fette somit lebenswichtig.
Arten und Einteilung von Fetten
Fettsäuren können auf verschiedene Art und Weise eingeteilt werden. Eine der Möglichkeiten ist die Einteilung aufgrund ihrer Kettenlänge, andere Möglichkeiten sind auf Basis ihrer Anzahl bzw. Geometrie der Doppelbindungen:
Gesättigte Fettsäuren
Gesättigte Fettsäuren weisen ausschließlich Einfach-Bindungen auf und sind nicht essenziell, d.h. sie können auch aus Kohlenhydraten gebildet werden und dienen als Energiequelle. Außerdem fördern sie die Aufnahme fettlöslicher Vitamine. Bekannte Vertreter der gesättigten Fettsäuren sind die Laurinsäure, Myristinsäure und die Palmitinsäure, welche bei entsprechend hoher Einnahme den Cholesterinspiegel erhöhen. Sie kommen meist in tierischen Fetten und in industriell verarbeiteten Produkten vor, man findet sie aber auch in manchen Pflanzenfetten wie Kokosfett.
Mittelkettige Fettsäuren
Die aus Glycerin und Fettsäuren bestehenden mittelkettigen Fettsäuren sind teilweise wasserlöslich und kommen nur in geringen Mengen in natürlichen Quellen wie Butter, Kokosfett oder Palmkernöl vor.
Einfach ungesättigte Fettsäuren
Ungesättigte Fettsäuren enthalten eine oder mehrere Doppelbindungen zwischen ihren Kohlenstoffatomen. Im ersten Fall werden sie als einfach ungesättigte Fettsäuren bezeichnet, andernfalls als mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Bei Raumtemperatur sind sie meist flüssig und sind z. B. in Leinöl, pflanzlichen Produkten und Fischen zu finden.
Einfach ungesättigte Fettsäuren findet man in Nüssen, Olivenöl und teilweise auch in Fleisch. Es gibt Hinweise darauf, dass sie das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen positiv beeinflussen. Eine Studie aus 2014 verglich einfach ungesättigte Fettsäuren pflanzlicher und tierischer Herkunft. Während das Ergebnis darauf hindeutet, dass es Bedarf für weiterführende Untersuchungen in Bezug auf kardiovaskuläre Risiken gibt, gab es Hinweise, dass vor allem Olivenöl eine positive Wirkung hat.
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind die Ausgangssubstanz für die Bildung von Eicosanoiden, also Verbindungen, die im Körper an Prozessen wie der Blutgerinnung oder der Entzündungsregulation beteiligt sind. Langkettige, mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind wichtig für die Gehirnentwicklung von Säuglingen und Erwachsenen sowie für die Retina. Diese Fettsäuren sind essenziell und können vom Körper nicht hergestellt werden, daher müssen sie über die Nahrung zugeführt werden. Zu ihnen zählen die Omega-6-Fettsäure Linolsäure und die Omega-3-Fettsäure Alpha-Linolensäure.
Omega-3-Fettsäuren finden sich häufig in Fisch und tragen zur Senkung des LDL-Cholesterins bei. Langkettige Omega-3-Fettsären sollen sich positiv auf den Bluthochdruck auswirken. Allerdings reicht die Versorgung über die Nahrung hierzulande oft nicht aus, um das gewünschte 5:1‑Verhältnis von Omega‑6 zu Omega‑3 zu erzielen. Daher empfiehlt es sich, bewusst darauf zu achten und Quellen wie Fisch sowie Nüsse und Samen regelmäßig in den Speiseplan einzubauen und dabei vor allem pflanzliche Quellen zu bevorzugen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt dieses Verhältnis von 5:1, da ein Zuviel an Omega-6-Fettsäuren schädlich wirken kann und in Zusammenhang mit Entzündungen und Krankheiten wie Asthma, Rheuma bzw. Allergien gebracht wird.
Den oben erwähnten essenziellen Fettsäuren kommt im Organismus eine besondere Bedeutung zu. Sie sind unter anderem ein wichtiger Bestandteil der biologischen Membran sowie des Nervensystems, sind beteiligt an der Signalübertragung und hemmen Entzündungsreaktionen. Außerdem sind sie in der Retina am Sehvorgang, in der Zellintegrität sowie der Gehirnentwicklung und Funktion von Nervenzellen beteiligt.
Transfette
Sonntagabends zum Entspannen einen Film mit einer Tüte Chips genießen oder in der Früh, wenn auf dem Weg zur Arbeit schon der Magen knurrt, noch schnell zum Bäcker und ein Croissant zum Frühstück mitnehmen. Dass dies nicht die gesündeste Entscheidung ist, ist vielen Menschen bewusst, doch was macht die Transfette zu einer schlechten Wahl? Sie stehen im Verdacht, das „schlechte“ LDL (Low Density Lipoprotein) zu erhöhen sowie das „gute“ Cholesterin zu senken und daher koronare Herzkrankheiten zu begünstigen und Gefäßverkalkung zu fördern.
Wenn diese Fettsäuren erhitzt, thermisch behandelt oder künstlich gehärtet werden, kann es zur chemischen Umlagerung der Struktur kommen. Dadurch ändert sich die Konfiguration der Fettsäure von ihrer ursprünglichen cis-Form in eine trans-Konfiguration und sogenannte trans-Fettsäuren entstehen.
Diese veränderte Struktur sorgt für eine unbewegliche Form der Fettsäure, welche sich an der Zellwand ablagern. Sie kommen häufig in gehärteten Pflanzenfetten, Butter, Käse, Keksen, Frittiertem und industriell Gefertigtem vor. Es gibt aber auch gute Nachrichten in Bezug auf Transfette. Eine Studie aus 2017, welche die globalen Essengewohnheiten untersuchte, kam zu dem Schluss, dass in den meisten Ländern im Schnitt keine bedenklichen Mengen an Transfetten konsumiert werden.
Cholesterin
Auch Cholesterin hat einen schlechten Ruf. Es gehört zu den Sterinen und wird teils im Körper hergestellt und teils mit der Nahrung aufgenommen. Cholesterin ist ein wesentlicher Bestandteil der biologischen Membran, es übernimmt wichtige Aufgaben als Vorstufe von Gallensäuren, Steroidhormonen und Vitamin D. In der Nahrung ist es ausschließlich in Fetten tierischer Herkunft enthalten. Die Gesamtfettaufnahme, besonders aber gesättigte Fettsäuren und Transfettsäuren, hat anscheinend große Auswirkung auf den Gesamtserumcholesterinspiegel. Da in Interventionsstudien durch die verringerte Cholesterinaufnahme das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduziert werden konnte, empfiehlt die DGE, den Richtwert von 300 mg Cholesterinzufuhr/Tag nicht zu überschreiten.
Empfehlungen und Aktuelles
Bis jetzt haben wir herausgefunden, dass Fett nicht gleich Fett ist und es auf die Qualität genauso wie auf die Quantität ankommt. Intuitiv wissen wir meist, was gesund ist und was weniger gute Auswirkungen auf unsere Gesundheit hat.Fett weist eine höhere Energiedichte und damit mehr Kalorien als Kohlenhydrate oder Protein auf. Lässt man bei seiner Ernährungsweise den Gesamtkalorienbedarf außer Acht, kann dies die Entstehung von Übergewicht und in Extremfällen sogar Adipositas begünstigen. Daher empfiehlt die DGE, ungefähr 30 bis 35 Prozent des Gesamttagesbedarfes an Kalorien aus Fetten abzudecken. Weiter wird der Austausch von gesättigten Fettsäuren durch mehrfach ungesättigte Fettsäuren empfohlen. In den Ergebnissen der DGE-Leitlinie wird damit eine Senkung des Risikos für koronare Herzkrankheiten durch Senkung der Gesamt- sowie der LDL-Cholesterolkonzentration im Blut verbunden. Außerdem soll sich eine höhere Zufuhr von langkettigen Omega-3-Fettsäuren ebenfalls positiv auf das Risiko für ernährungsbedingte Herzkrankheiten auswirken.
Das kann erzielt werden durch die regelmäßige Zufuhr von omega-3-haltigen Fischen wie Thunfisch, Makrele, Lachs, Forelle, oder Ölen wie Rapsöl, Hanföl, Leinöl, sowie Nüssen – z. B. Mandeln – und Samen, etwa Chia-Samen oder Leinsamen. Ergänzend findet man Omega‑3 auch in einigen Gemüsearten wie Bohnen, Rosenkohl oder Spinat.
Zur aktuellen Situation in Deutschland hat die DGE den 14. Ernährungsbericht mit guten, aber auch schlechten Nachrichten herausgebracht. In Deutschland wurden in jüngster Vergangenheit mehr Gemüse, Mineralwasser, Kräuter- und Früchtetees, und gleichzeitig weniger Schweinefleisch und Alkohol konsumiert. Bedenklich sieht Prof. Dr. Kurt Gedrich, Leiter der Forschungsgruppe Public Health Nutrition der Technischen Universität München, allerdings den Anstieg beim Konsum von Käse, Rind- und Kalbfleisch und wünscht sich im Rahmen der Pressekonferenz zur Vorstellung des Berichts eine vollwertigere, pflanzenbetontere Ernährungsweise der deutschen Bevölkerung. Es gilt: Ungesund ist es dann, wenn wir zu viel davon essen. Daher sollten wir darauf achten, welche Fette wir in welchem Verhältnis zu uns nehmen.
Abbildung: JulijaDmitrijeva / shutterstock.com
Quelle: shape UP 2/2022