Mit der Kraft der Gedan­ken zu mehr Mus­kel­wachs­tum

Mit der Kraft der Gedanken zu mehr Muskelwachstum / Abbildung: El Nariz / shutterstock.com

Vie­le erle­ben beim Kraft­trai­ning die Dis­kre­panz, dass gene­ti­sche Gren­zen nicht belie­big aus­dehn­bar sind, dass „Wachs­tum“ aber eben aus­schließ­lich mit dem mess­ba­ren MEHR defi­niert wird. Um immer­hin an ihr Limit zu kom­men, ent­de­cken aber nur weni­ge eine wesent­li­che Kraft­quel­le. Ihren Geist!

Vie­le fort­ge­schrit­te­ne Kraft­sport­le­rin­nen und Kraft­sport­ler den­ken häu­fig dar­über nach, wie sie wei­te­re Ver­bes­se­run­gen ihrer Leis­tung und des Aus­se­hens erzie­len kön­nen. Da wer­den Trai­nings­plä­ne peri­odi­siert, Rege­ne­ra­ti­ons­zei­ten sowie Wider­stän­de ver­än­dert und vari­iert, Ernäh­rungs­stra­te­gien modi­fi­ziert und bedarfs­ge­recht ange­passt. Auch Nah­rungs­er­gän­zung ist ein Spek­trum, auf dem „facet­ten­rei­che Expe­ri­men­te“ durch­ge­führt wer­den, um stär­ker und in der eige­nen Wahr­neh­mung „schö­ner“ zu wer­den. Aber mehr Mus­kel­wachs­tum durch men­ta­les Trai­ning? Auf die Idee kommt nun garan­tiert nicht jede und jeder. Dabei ist sie gar nicht so abwe­gig!

Die Vor­stel­lung erschafft Ber­ge und der Glau­be ver­setzt sie

„Mind­set“ und „Visua­li­sie­rung“ sind Begrif­fe, die im Leis­tungs­sport­sek­tor heut­zu­ta­ge nicht mehr weg­zu­den­ken sind. „Der Glau­be ver­setzt Ber­ge“ heißt es, zumin­dest sinn­ge­mäß, bei vie­len Top-Ath­le­ten. Beim men­ta­len Trai­ning wer­den die Kilos, Zen­ti­me­ter und Sekun­den bereits erdacht, die spä­ter nötig sind, um den Sieg zu errin­gen. Die Kraft der Gedan­ken beschäf­tig­te schon die ganz Gro­ßen. Ein­stein for­mu­lier­te „Vor­stel­lungs­kraft ist wich­ti­ger als Wis­sen“ und von Mark Aurel stammt der Satz „Das Glück dei­nes Lebens hängt von der Beschaf­fen­heit dei­ner Gedan­ken ab“.

Etwas neu­zeit­li­cher geht’s natür­lich auch. Wenn wir das Trai­nings­re­per­toire des wohl pro­mi­nen­tes­ten Ver­tre­ters der Kraft­zunft des letz­ten hal­ben Jahr­hun­derts – Arnold Schwar­zen­eg­ger – genau betrach­ten, bestä­tigt sich die sport­li­che Bedeu­tung des Geis­tes. Für Schwar­zen­eg­ger waren nicht nur Kon­zen­tra­ti­on und der exak­te Ablauf der Trai­nings­tech­ni­ken maß­geb­lich. Er äußer­te, dass der Glau­be dar­an, tat­säch­lich mas­siv mus­ku­lös wer­den zu kön­nen immer eine wesent­li­che Kraft­quel­le für ihn war. Sei­ne Trai­nings­prin­zi­pi­en sind längst legen­där und beinhal­ten immer auch Visua­li­sie­rungs­tech­ni­ken.

In sei­ner Vor­stel­lung ließ Schwar­zen­eg­ger ein­zel­ne Mus­kel­grup­pen zu einem Berg anwach­sen. Das Zitat aus einem Inter­view bekräf­tigt die Bedeu­tung der men­ta­len Power für ihn: „Es ist der Geist. Er erschafft den Kör­per, er macht es mög­lich, dass du vier, fünf Stun­den täg­lich trai­nierst. Der Geist visua­li­siert, wie der Kör­per als fina­les Pro­dukt aus­se­hen soll … Des­halb den­ke ich, dass der Kör­per sehr wich­tig ist, aber die Gedan­ken sind wich­ti­ger als der Kör­per.“

Was sagt die Wis­sen­schaft?

Es gibt eini­ge älte­re und neue­re neu­ro­wis­sen­schaft­li­che Unter­su­chun­gen, wel­che die The­se stüt­zen, dass nur das blo­ße Len­ken der Gedan­ken auf einen Mus­kel und des­sen Anspan­nung zu einem Wachs­tums­reiz füh­ren. Eine davon stammt von For­schern der Uni­ver­si­tät Ohio in den USA. Im Rah­men von deren Unter­su­chung wur­den mit Pro­ban­den täg­li­che men­ta­le Vor­stel­lungs­übun­gen prak­ti­ziert und die Ergeb­nis­se mit denen einer Kon­troll­grup­pe ver­gli­chen, die nicht an dem geis­ti­gen Trai­ning teil­nahm.

Bereits nach zwei Wochen konn­ten die For­scher einen durch­schnitt­li­chen Zuwachs an Mus­kel­stär­ke um 13,5 Pro­zent in der Men­tal­trai­nings­grup­pe fest­stel­len. Das Plus an Mus­kel­stär­ke blieb noch drei Mona­te nach Been­di­gung des Trai­nings erhal­ten. Bei der Kon­troll­grup­pe konn­te kei­ne Ent­wick­lung fest­ge­stellt wer­den.

Die For­scher der Uni­ver­si­tät Ohio woll­ten dar­über hin­aus in einer Stu­die die exor­bi­tan­te Leis­tung des Gehirns in Bezug auf die Ver­rin­ge­rung von Atro­phien (Mus­kel­schwun­den) bei ansons­ten völ­li­ger „Pas­si­vi­tät“ erfas­sen. Sie fixier­ten dazu ein Hand­ge­lenk von Pro­ban­den mit einem Gips­ver­band, um die umlie­gen­de Mus­ku­la­tur vier Wochen lang kom­plett ruhig zu stel­len. Zudem wur­den zwei Grup­pen gebil­det. An fünf Tagen in der Woche soll­te sich die eine Grup­pe jeweils elf Minu­ten vor­stel­len, wie die ruhig­ge­stell­ten Arm­mus­keln in allen Ein­zel­hei­ten trai­niert wer­den. Die ande­re Grup­pe hin­ge­gen erhielt kei­ne spe­zi­fi­schen Anwei­sun­gen.​

Nach vier Wochen war der atro­phi­sche Ver­lust bei den Pro­ban­den, die geziel­te Men­tal­trai­nings­übun­gen durch­ge­führt hat­ten, nur halb so groß, wie bei den pas­si­ven Pro­ban­den. Mit­hil­fe einer Com­pu­ter­to­mo­gra­fie konn­ten die akti­ven Area­le im Gehirn und auch stär­ke­re neu­ro­mus­ku­lä­re Ner­ven­bah­nen der Men­tal­trai­nings­grup­pe ähn­lich wie bei einem ech­tem Trai­ning nach­ge­wie­sen wer­den.

Fakt ist: Mus­keln bewe­gen sich, wenn sie ein Impuls der moto­ri­schen Ner­ven­zel­len erhal­ten! Die Inten­si­tät des Wachs­tums­rei­zes hängt von der Kon­zen­tra­ti­on und der Stär­ke des Signals auf die moto­ri­schen Ner­ven­zel­len ab. Vie­le Stu­di­en haben gezeigt, dass die Gedan­ken einen sol­chen Impuls auf die moto­ri­schen Zel­len aus­üben kön­nen. Dabei wird nicht immer ein Mus­kel­zu­wachs kon­sta­tiert. Dann heißt es aber zumin­dest, dass das Aus­las­sen einer bestimm­ten Anzahl von Trainings­stunden nicht scha­det, wenn man sich in der gewon­ne­nen Zeit men­tal fit macht.

Was ist zukünf­tig zu erwar­ten und zu wün­schen?

Das Wis­sen um die enge Ver­zah­nung von Kör­per und Geist und die Wir­kung sol­cher Men­tal­mus­kel­trai­nings kann nicht nur Kraft­sport­lern zugu­te kom­men, son­dern auch älte­ren oder kran­ken Men­schen die­nen, die für die Lebens­qua­li­tät so wich­ti­ge Mus­kel­mas­se zu erhal­ten. Ins­ge­samt ist „die Macht der Gedan­ken“ aber noch ein For­schungs­are­al, das es wei­ter zu erschlie­ßen gilt – außer­dem wäre es wün­schens­wert, wenn den Erkennt­nis­sen mehr Ein­gang in die Pra­xis ver­schafft wür­de. Dann könn­te die­ses Poten­zi­al zukünf­tig noch bes­ser genutzt wer­den und das rein kör­per­li­che Trai­ning äußerst sinn­voll ergän­zen.

Quel­le: shape UP online
Abbil­dung: El Nariz / shutterstock.com